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Sonntag, 14. Juni 2020

Filmrezensionen: Monos - Zwischen Himmel und Hölle (Monos)

Irgendwo in der Wildnis eines lateinamerikanischen Landes bewachen acht bewaffnete Jungen und Mädchen mit Kampfnamen wie „Rambo“, „Bigfoot", „Lady“ oder „Schlumpf“ im Auftrag einer nicht näher benannten Geurillagruppe eine Geisel, die Ingeneurin Sara Watson, von den Kindern „Doctora" genannt, sowie eine Milchkuh namens Shakira. Ihr Versteck ist zunächst eine verlassene Hochebene inmitten rauer Gebirgsketten, später zieht die Truppe in den Dschungel um. Spannungen innerhalb der Gruppe und die unwirtliche Umgebung machen die Lage für die Geisel zusehends dramatischer, bis diese einen Fluchtversuch wagt…

Der Film des kolumbianisch-ecuadorianischer Regisseurs Landes erzählt eine archaische Geschichte inmitten einer feindlichen Natur, bei der Erinnerungen an Werner Herzogs „Fitzcarraldo" und "Aguirre, der Zorn Gottes“ aufkommen, aber natürlich ist es auch eine Adaption des "Herr der Fliegen"-Themas. Die jugendlichen Darsteller, bis auf Moises Arias ohne bekannte Filmerfahrung, agieren intensiv und die Qualen der Geisel sind fast körperlich spürbar, dabei braucht es weder gefährliche Tiere – die lästigen Schwärme von Moskitos sind genug – noch behandeln die Kinder die "Doctora" wirklich schlecht. Allein die klaustrophobische Enge der jeweiligen Camps und die Anspannung innerhalb der Gruppe genügen, um jederzeit eine Eskalation heraufzubeschwören. Bemerkenswert ist, dass der Jugendliche mit Namen „Rambo" von einem Mädchen dargestellt wird, ein Fremdkörper inmitten des Machogehabes der anderen Jungen, und doch ein Zeichen, dass nichts festgelegt sein muss, nicht einmal oder vielleicht gerade in diesem auf sich selbst zurückgeworfenen wilden Haufen.

Grandios bebildert bewegt sich Regisseur Landes in seiner Inszenierung zwischen Abenteuertrip und psychologischem Kammerspiel, ein menschliches Drama, in dem die Hoffnungslosigkeit dieser jugendlichen Pseudosoldaten  und deren Missbrauch für einen Auftrag, den sie nicht verstehen – „Mono“ ist das spanische Wort für „Affe“ – und dem sie zu keinem Zeitpunkt gewachsen sind schonungslos offengelegt werden, mitreißend und abstoßend zugleich, bis zum bitteren Ende. Wer kann, sollte den bildgewaltigen Film unbedingt im Kino erleben, hoffentlich ist dies bald wieder uneingeschränkt überall möglich.

 
Regie: Alejandro Landes
Drehbuch: Alejandro Landes, Alexis Dos Santos, b/a story von Alejandro Landes
Kamera: Jasper Wolf
Schnitt: Ted Guard, Yorgos Mavropsaridis, Santiago Otheguy
Musik: Mica Levi

Darsteller:
Sofia Buenaventura, Julián Giraldo, Karen Quintero, Laura Castrillón, Paul Cubides, Moises
Arias, Julianne Nicholson, Deiby Rueda, Sneider Castro

 DCM
102 min.
FSK 16
Deutscher Kinostart: ab 04. Juni 2020

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