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Dienstag, 9. Juni 2020

Heimkino: Der Beischläfer

Charlie Menzinger (Markus Stoll) ist ein Bruder Leichtfuß und schlawinert sich mit seiner kleinen Autowerkstatt durchs Leben, während sein Freund Xaver „Xavier“ Holzapfel (Daniel Christensen) davon träumt, durch die Schöpfung eines selbstgebrannten Tequilas auf Bierhefebasis in die Elite der Schnapsbrenner aufzusteigen. Seit dem tragischen Unfalltod seiner Frau Marie gelingt es Charlie aber nicht mehr, wie gewohnt die Leichtigkeit des Seins auszukosten und seine gelegentliche Schwermut lähmt ihn zusehends. 

So verpasst er, weil er sein Post nicht öffnet, rechtzeitig seiner Auswahl als Schöffe zu widersprechen und sieht sich plötzlich zu einer fünfjährigen Berufung beim Amtsgericht München verpflichtet, wo er auf die energische Richterin Dr. Julia Kellermann (Lisa Bitter) trifft. Diese, erst kürzlich von Berlin nach München gewechselt und auf der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung, ist von ihrem neuen Beisitzer – in internen Kreisen auch schon einmal „Beischläfer“ genannt – überhaupt nicht begeistert, hat Charlie in ihren Augen zu  sehr seine eigene Vorstellung von Recht und Gerechtigkeit, die nicht immer mit ihrem juristischen Blickpunkt übereinstimmt. Beide brauchen etwas Zeit, um sich aneinander zu gewöhnen, während eine karrieregeile Gerichtspräsidentin beiden das Leben schwer macht.

Die (zunächst) auf sechs Folgen angelegte Miniserie bewegt sich tief im Fahrwasser wunderbarer Erzählungen um Träumer, Verlierer und Schlawiner wie den liebenswert-schludrigen Monaco Franze, und es ist schön, nach all den Berliner Tristessen einmal wieder Münchner Geschichten im Stile des unvergessenen Helmut Dietl serviert zu bekommen, Postkartenansichten der Stadt inklusive und untermalt von der launigen und schmissigen Musik einer Blasmusik-Combo mit dem Namen Der Glabberl Sepp & Seine Griffbrettfahrer (gibt es die wirklich?).

Markus Stoll hat als grantelnder Harry G Comedy-Bühnenerfahrung gesammelt und überzeugt als Charlie Menzinger, ebenso wie Lisa Bitter sich souverän und sympathisch als Richterin präsentiert. Daniel Christensen darf als spinnerter bester Freund alle Register ziehen, außerdem gibt es ein Wiedersehen mit alten Bekannten aus „Hubert & Staller“-Zeiten, Helmfried von Lüttichau, der sich hier von einer anderen Seite zeigen darf, und auch Michael Brandner und Paul Sedlmeir treten in Gastrollen an. Eine besonderer Part ist für Heino Ferch reserviert, aber darüber soll noch nichts verraten werden…

Das Drehbuch der Serie folgt zwar einer bewährten Linie, aber die Inszenierung ist so charmant und frisch, dass das Zuschauen einfach nur Spaß macht. Dabei werden juristische Patzer, die in ähnlichen Produktionen oft die Haare zu Berge stehen lassen, löblicherweise vermieden, auch deshalb ist „Der Beischläfer“ ein Glücksfall der leichten, aber gekonnten Unterhaltung. Nostalgische Zitate werden schamlos eingewoben („Ich scheiß dich sowas von zu mit meinem Geld…“), ebenso schamlos eingestreute – aber gelungene – Slapstickeinlagen und bestens besetzte Charaktere runden die in jeder Hinsicht stimmige Vorstellung ab, für die sich möglichst bald erneut der Vorhang zur Fortsetzung heben sollte.

 


Regie: Anna-Katharina Maier
Drehbuch: Murmel Clausen, Mike Viebrock
Kamera: Thomas Wittmann 
Schnitt: Petra Scherer
Musik: Der Glabberl Sepp & Seine Griffbrettfahrer 
Soundtrack: Dreiviertelblut (Gerd Baumann, Sebastian Horn

Darsteller:
Markus Stoll, Lisa Bitter, Daniel Christensen, Helmfried von Lüttichau, Heino Ferch, Lilly Forgách, Michael Brandner, Paul Sedlmeir, Florian Jahr, Mathilde Bundschuh

Amazon Prime Video, seit 29. Mai 2020

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