Als der Pathologe Paul Herzfeld (Moritz Bleibtreu) während
einer Obduktion im Kopf eines verstümmelten Mordopfers eine winzige Kapsel
findet, in der ein Zettel mit der Handynummer seiner Tochter Hannah (Barbara
Prakopenka) steckt, ist dies der Auftakt zu einem gruseligen Albtraum, in dem
Herzfeld von einem irren Mörder auf eine blutige Schnitzeljagd geschickt und
zum Äußersten getrieben wird, um das Leben seiner entführten Tochter zu retten.
Ein Hauptteil der Handlung spielt auf der während eines
Sturms von der Außenwelt abgeschnittenen Insel Helgoland, wo in einem von allen
Ärzten verlassenen Krankenhaus die junge Linda (Jasna Fritzi Bauer), die
ihrerseits von einem unheimlichen Stalker verfolgt wird, von dem auf dem
Festland festsitzenden Herzfeld fernmündlich angeleitet, eine schaurige
Obduktion an einer von ihr zufällig am Strand entdeckten Leiche durchführt, die
im Zusammenhang mit Herzfelds Schnitzeljagd steht. Unterstützt wird sie dabei
von dem Krankenhausfaktotum Ender Müller (Fahri Yardim), während irgendwo
draußen im Sturm der Mörder und Entführer seinen nächsten Schachzug plant...
Was auf den ersten Blick ein wenig abstrus klingt, ist es
auf den zweiten Blick auch. Vorlage für den Film ist ein Werk des
Bestsellerautors Sebastian Fitzek, das dieser gemeinsam mit dem Rechtsmediziner
Michael Tsokos verfasst hat, wobei letzterer ein Garant für die Authentizität
der Leichenöffnung sein dürfte, deren unappetitliche Einzelheiten in
Großaufnahme zu sehen sind.
Durch die furchtbare Situation des Vaters, der
verständlicherweise alles zur Rettung seiner Tochter unternimmt, ist der Blick
des Zuschauers für die Implausibilität der Handlung, vor allem einiger ihrer
Prämissen, ohne die die Geschichte in sich zusammenfallen würde, getrübt. Warum
sollte eine junge Frau, die sich vor einem Stalker fürchtet, nachts im Dunkeln
die schützende Umgebung einer gut gefüllten Kneipe verlassen, um sich durch
menschenleere Gassen und schließlich über einen ebenso menschenleeren Strand zu
bewegen, wo sie dann trotz Sturm und Wolkenbraus über eine Leiche stolpert, die
auch unbedingt gefunden werden sollte? Warum verlassen sämtliche Ärzte eine von
einem Unwetter geplagte Insel und hinterlassen ein leeres Krankenhaus, das
obwohl nur ein Inselkrankenhaus über einen gut ausstaffierten Obduktionsraum
mit zwei Sektionstischen verfügt? Welcher Fremde schafft es, auf einer
überschaubaren Insel wie Helgoland Entführungen und Morde durchzuführen, ohne
als Fremder aufzufallen?
So gesehen folgt die Handlung grundsätzlich mehr der
Dramaturgie als der Logik, aber wenn man bereit ist, dies zu ignorieren, bietet
der Film trotz seiner Länge durchaus spannende Unterhaltung. Der begeisterte
Fitzek-Leser, der es liebt, wie bei diesem Autor üblich, immer wieder hinters
Licht geführt und auf falsche Spuren gelenkt zu werden, wird sicher auf seine
Kosten kommen. Das Manko von Fitzeks Geschichten tritt allerdings auch im Film
hervor, vieles ist reine Effekthascherei und die Handlung entwickelt ihre
Twists und Turns nicht aus sich selbst heraus, sondern diese sind mit Bedacht
konstruiert, was gekonnt gemacht nicht schlimm wäre, aber bei Fitzek
scheint diese Konstruktion immer wieder durch, wie in einer schlecht
verkleideten Kulisse.
Dennoch lässt der Film, gelungen bebildert und konsequent inszeniert, die düster-schaurige Atmosphäre, die einem solchen Thriller ansteht,
hautnah erleben. Die Hauptdarsteller Moritz Bleibtreu und Jasna Fritzi Bauer
überzeugen, die Nebenfiguren allerdings agieren hölzern, wie der bemüht auf
schrägen Slapstick angelegte Praktikant Ingolf (Enno Hesse), oder sie bleiben
ihrem Rollenklischee treu, wie Fahri Yardim, der wieder einmal den gutmütigen
Helfer gibt, bis hin zu dem sardonisch grinsenden Lars Eidinger, der sich
gedacht haben mag: Ihr wolltet den Psychopathen, dann kriegt Ihr ihn auch,
kompromisslos, bis nahe an die Grenze zur Karikatur.
Wer sich an der bis zum
(endgültigen) Schluss hochgehaltenen Spannung delektieren mag, kommt in den
Genuss eines trotz aller Kritikpunkte spannenden Thrillers,
aber der fragwürdige Populismus eines Selbstjustizdramas, als das sich das
Ganze am Ende darstellt, hinterlässt einen mehr als üblen Beigeschmack.
Regie:
Christian Alvart
Drehbuch: Christian Alvart
b/a Bestseller von Sebastian Fitzek & Michael Tsokos
Drehbuch: Christian Alvart
b/a Bestseller von Sebastian Fitzek & Michael Tsokos
Kamera: Jakub Bejnarowicz
Musik:
Maurus Ronner, Christoph Schauer
Darsteller:
Moritz
Bleibtreu, Jasna Fritzi Bauer, Lars Eidinger, Fahri Yardim, Enno Hesse,
Christian Kuchenbuch, Urs Jucker, Barbara Prakopenka
Warner
Brothers
131 min.
131 min.
Deutscher
Kinostart: 11. Oktober 2018
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