In den 1960ger Jahren stehen sich Ost und West unnachgiebig
gegenüber, der Wettstreit um Stärke und Macht erstreckt sich auf alle Bereiche,
so auch auf die Kunst. Im Mai 1961 schickt die Sowjetunion das Kirow-Ballett,
ihre beste russische Tanzkompanie, auf Tournee in den Westen. Auf der ersten
Station in Paris sorgt dabei vor allem ein junger charismatischen Tänzers
namens Rudolf Nurejew (Oleg Ivenko) für Furore, der die Rolle des
Balletttänzers völlig neu interpretiert. Für ihn ist der Tänzer nicht bloß das
"dritte Bein der Ballerina", er bewegt sich aktiv und dynamisch auf
der Bühne, was zum damaligen Zeitpunkt etwas völlig Neues ist und das Publikum
ist hingerissen.
In Rückblenden erfahren wir etwas über Nurejews Herkunft,
die in keiner Weise auf seine spätere künstlerische Entwicklung hindeutet.
Geboren wirder in einem Waggon der Transsibirischen Eisenbahn, wächst in
ärmlichen Verhältnissen in einem Dorf nahe Ufa, der Hauptstadt der sowjetischen
Republik Baschkortostan, auf. Er ist ein Außenseiter, eine „Weiße Krähe“ (White
Crow), wie man dort sagt. Ein Zufall beschert ihm als Kind einen Ballettbesuch,
von da an will er Tänzer werden. Als er es endlich schafft, aus der Provinz an
eine renommierte Ballettschule in Leningrad zu kommen, ist er mit 17 Jahren
eigentlich schon viel zu alt. Aber sein Ehrgeiz und unbändiger Wille treiben
ihn an und lassen ihn nicht ruhen, bis ihn der renommierte Lehrer Puschkin
(Ralph Fiennes) unterrichtet, und so schafft er, der nicht einmal zu den besten
Tänzern seiner Generation gehört, es tatsächlich in das Kirow-Ballett, mit dem
er nun auf Tournee ist.
Voller Lebenslust genießt er das Pariser Leben in vollen
Zügen, geht aus, besucht Museen und trifft Menschen, freundet sich mit der
jungen Chilenin Clara Saint (Adèle Exarchopoulos) an, bei allem argwöhnisch
beobachtet und überwacht vom mitgereisten KGB. Er ist freiheitsliebend und
rebellisch, aber manchmal zeigt er auch unvermittelt die dunklen Seiten seines
Charakters, von jetzt auf gleich kann er unbeherrscht, arrogant und beleidigend
werden, was auch seine Freundin Clara zu spüren bekommt. Als er vor dem Abflug
nach London von der Kompanie getrennt und aufgefordert wird, nach Moskau
zurückzukehren, steht er vor der Wahl zu gehorchen oder einen Antrag auf
politisches Asyl in Frankreich zu stellen, entweder Heimat und Familie auf der
einen oder Freiheit auf der anderen Seite, die schwierigste Entscheidung seines
Lebens.
Der Film basiert auf der Biographie des legendären
russischen Tänzers, Regie führt der britische Schauspieler Ralph Fiennes, der
auch selbst eine Rolle übernommen hat. Er zeichnet den Lebensweg Nurejews bis
zu jenem folgenschweren Tag am Pariser Flughafen Le Bourget nach, leider gehen
in der deutsch-synchronisierten Fassung – zumindest wenn man dem Trailer
glauben darf – sämtliche sprachlichen Nuancen verloren. Im Original wird
Russisch, Französisch und Englisch gesprochen, selbst Ralph Fiennes, der viel
Wert auf diese Authentizität gelegt hat, spricht als russischer Lehrer
tatsächlich Russisch, bei uns spricht er nun, wie alle anderen, Deutsch.
Der junge ukrainische Tänzer Oleg Ivenko überzeugt in der
Rolle Nurejews, er ähnelt ihm sogar ein wenig, und die Tanzszenen spielt er
selbst. Das Flair der 1960ger Jahre ist gut eingefangen, ebenso die düstere
Atmosphäre des von Misstrauen und Spannung geprägten russischen Umfelds. Trotz
einiger Längen bietet der Film nicht nur für Ballettbegeisterte einen
interessanten Einblick in die Geschichte und zum Schluss wird es sogar noch
richtig spannend.
Regie: Ralph
Fiennes
Drehbuch:
David Hare, Julie Kavanagh in Anlehnung an ihr
Buch „Rudolf Nureyev: The Life"
Kamera: Mike
Eley
Schnitt:
Barney Piling
Musik: Ilan
Eshkeri
Darsteller:
Oleg Ivenko, Ralph
Fiennes, Louis Hofmann, Adèle Exarchopoulos, Sergei Polunin, Chulpan Khamatova
Studiocanal/ BBC
Films/ HanWay Films
UK/FRK 2018
127 min.
Deutscher Kinostart:
26. September 2019
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