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Mittwoch, 27. September 2023

Heimkino: The Son

Nach der Scheidung von seiner Frau Kate (Laura Dern) lebt der erfolgreiche Anwalt Peter (Hugh Jackman) in einer neuen Partnerschaft mit der jüngeren Beth (Vanessa Kirby), wo es auch bereits Nachwuchs gibt. In dieses Glück tritt eines Tages Peters Sohn Nicholas (Zen McGrath) aus seiner Ehe mit Kate, ein Teenager, der seiner Mutter in letzter Zeit nur noch Schwierigkeiten macht. Peter ist sofort bereit, sich um den Jungen zu kümmern, nicht ahnend, welcher Art die Schwierigkeiten tatsächlich sind, und ist völlig überfordert damit, seinem Sohn zu helfen…

Florian Zellers Adaption eines weiteren seiner eigenen Theaterstücke nach „The Father“ knüpft in keiner Weise an den Vorgängerfilm an, auch wenn Anthony Hopkins in einer Szene als Peters Vater besetzt ist, dieser Vater hat ebenfalls mit der Figur aus dem vorherigen Film nichts zu tun, dies nur zur Klarstellung vorweg.

Hier widmet sich Zeller dem schwierigen Thema „Depression“ und bewegt sich damit auf äußerst prekärem Terrain. Manchem wird dies vielleicht – weil selbst familiär betroffen – als zu schmerzhaft erscheinen, zumal es sich auch noch um Depressionen von Teenagern handelt, aber die eigentliche Tragik des Films liegt nicht in der Tatsache der Krankheit des Sohnes an sich – die natürlich für sich gesehen schlimm genug ist – sondern darin, was die Situation für dessen Vater bedeutet.

Peter nämlich ist mit einem Arschloch-Vater (Anthony Hopkins) gestraft, der sich nie um seine Familie gekümmert hat, in einem Treffen zwischen beiden verkehren sich die Rollen und man erkennt, dass eigentlich Peter der – titelgebende – Sohn ist, der seinem Vater nichts entgegenzusetzen hat. So war das Wichtigste für ihn, dessen Fehler zu vermeiden und alles besser zu machen, was ihm seiner Meinung nach auch erfolgreich gelungen war, wie Rückblicke auf unbeschwerte Tage zeigen, Ausflüge und Urlaube mit dem kleinen Nicholas, der das glücklichste Kind gewesen zu sein schien. 

Aus diesem Grund erkennt Peter Nicholas‘ Krankheit nicht als solche, sondern sieht darin sein eigenes Versagen als Vater, womöglich ausgelöst durch die Scheidung, gepaart mit den üblichen Teenagerproblemen wie Drogen oder Liebeskummer. Damit gäbe es eine Erklärung für das Unerklärbare, was jedoch ein fataler Irrtum ist, was alle Betroffenen irgendwann feststellen müssen, und dies macht der Film auch schmerhaft bewusst. Erst wenn man bereit ist, die Depression voll und ganz als Krankheit zu begreifen, ist der Weg frei für eine professionelle Therapie, aber manchmal kommen dieser Ansatz und diese Erkenntnis eben zu spät.

Der Film bietet keine leichte Kost, ist aber eindringlich und dicht, er setzt dabei nicht auf ein theaterhaftes Kammerspiel, sondern führt immer wieder auch hinaus in die Außenwelt, verengt sich dann aber immer weiter auf sein bitteres Ende hin, das zwar nicht unerwartet aber dennoch aus dem Nichts zu kommen scheint.

Zu verdanken hat der Film seine Intensität den durchweg guten Darstellern, vor allem Hugh Jackman beweist einmal mehr seine Vielseitigkeit. Sein Porträt eines durch alle Höhen und Tiefen gehenden Menschen ist eindrucksvoll und bewegend, ungeschminkt und pur. Leider scheint ihm auch dieses Mal, wie schon so oft – man denke nur an seine Leistungen in dem Villeneuve-Film „Prisoners“ oder noch früher in Darren Aronofskys „The Fountain“ – die verdiente Anerkennung dafür versagt zu bleiben. Obwohl es nach der Uraufführung des Films bei den Festspielen in Venedig 2022 viel Lob für ihn gab, geht er auch in der diesjährigen Awards Season leer aus. Es scheint, dass sich bei den „wichtigen“ Preisverleihungen sich die JurorInnen offensichtlich mehr von viel Schminke, Fatsuits und sonstiger Verkleidung beeindrucken lassen, wie die Auszeichnungen der letzten Jahre jedenfalls nahe legen. Ungeachtet dessen ist „The Son“ großartiges Schauspielerkino im besten Sinne, ein Kammerspiel mit Tiefgang.

 

 Regie: Florian Zeller

Drehbuch: Christopher Hampton, Florian Zeller b/a Theaterstück von Florian Zeller

Kamera: Ben Smithard

Schnitt: Yorgos Lamprinos

Musik: Hans Zimmer

 

Besetzung:

Hugh Jackman, Laura Dern, Zen McGrath, Vanessa Kirby, Anthony Hopkins

 

Leonine  

USA 2022

123 min.

FSK 12

 

Seit 12.05.2023 als DVD, Blu-ray und digital erhältlich

Bonusmaterial: Interviews mit Cast & Crew sowie Kino-Trailer

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=cYDqE38sMMM (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=SJWRY4DzoAQ (Englisch)

 

Mittwoch, 20. September 2023

Im Kino: The Nun II

Schwester Irene (Taissa Farmiga) hat sich noch nicht ganz von ihrem ersten Aufeinandertreffen mit der dämonischen Nonne Valak (Bonnie Aarons) erholt, als sie erneut zur Hilfe gerufen wird, nachdem ein Priester im französischen Tarascon ermordet wurde. Es ist das Jahr 1956 und es gab bereits eine Reihe von unerklärlichen Ereignissen quer durch Europa, die alle ihren Ursprung in Rumänien zu haben scheinen. Zusammen mit der Novizin Debra (Storm Reid) macht sie sich auf den Weg nach Tarascon und trifft in einem ehemaligen Kloster, das nun als Mädchenschule dient, auf ihren alten Bekannten Maurice (Jonas Bloquet), der ihr bei ihrem gemeinsamen Abenteuer in Rumänien das Leben gerettet hatte. Wird es ihnen diesmal gelingen, das Geheiminis der schrecklichen Nonne aufzudecken und ihr endgültig das Handwerk zu legen?

Nach „The Nun“ geht diese neue Reihe in die zweite Runde, beides Ableger des überaus erfolgreichen „Conjuring“-Franchise, in dem die dämonische Nonne bereits in „Conjuring 2“ zu ihrem Auftritt kam und das geisterjagende Ehepaar Lorraine und Ed Warren im Visier hatte.

Auch wenn mit den üblichen Horrorstilelementen gearbeitet wird, gibt es den gesamten Film über eine Fülle durchaus gelungener visueller und akustischer Effekte, darunter ein paar Jump Scares, die den Namen wirklich verdienen. Das Setting ist exquisit gewählt, ein kleines französisches Dorf mit verwinkelten Gassen sowie eine Schule voller kreischender Mädchen, die in dem Gewirr düsterer Gänge und verbotener Kammern des alten Klosters von einem bösen Dämon von einem Schrecken in den nächsten gejagt werden. Dieser Dämon will aber nicht nur terrorisieren, er verfolgt ein wirkliches Ziel, da er sich in den Besitz einer Reliquie bringen will, die ihm noch mehr Macht verleihen wird, was die Aufgabe seiner Gegner damit klar definiert.

Wenn auch kein Meilenstein der Filmgeschichte erweist sich „The Nun II“ als solider Horrorthriller für alle Liebhaber des Genres, der sogar besser als der erste Teil daherkommt, was man auch nicht alle Tage erlebt.

 


 

Regie: Michael Chaves

Drehbuch: Ian Goldberg, Richard Naing, Akela Cooper, b/a den Figuen von James Wan und Gary Dauberman

Kamera: Tristan Nyby

Schnitt: Gregory Plotkin

Musik: Marco Beltrami

 

 

Besetzung:

Taissa Farmiga, Jonas Bloquet, Storm Reid, Anna Popplewell, Bonnie Aarons, Katelyn Rose Downey,Suzanne Bertish

 

 

Warner Bros. Germany

2023

110 min.

FSK 16

Deutscher Kinostart: 21. September 2023

 

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=u8DA979z03E (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=8H1sm8jiXPs (Englisch)

 

 

 

Im Kino: The Expendables 4

Die Söldnertruppe um Barney Ross (Sylvester Stallone) und Lee Christmas (Jason Statham) verkackt einen Auftrag in Libyen, bei dem sich Barney verabschiedet, danach wird Christmas aussortiert. Der Rest der Truppe wird mit ein paar neuen Mitgliedern aufgefüllt, auch zwei Frauen sind im wahrsten Sinne des Wortes mit an Bord, denn eine scharf geschaltete Atombombe an Bord eines riesigen alten Schiffs muss unschädlich gemachte werden, bevor der dritte Weltkrieg ausbricht. Ob es gelingt?

Der Versuch, die in die Jahre gekommene Truppe neu aufzustellen, ist, so möchte man sagen, kläglich gescheitert. Lediglich ein paar Gesichter auszutauschen reicht nicht, wenn die Handlung teilweise so hanebüchen und vorhersehbar ist, dass es weh tut. Der Film kommt wie ein Ballerspiel daher, bei dem es eben nicht um die innere Logik, sondern ausschließlich ums Ballern und in die Luft sprengen geht. Die beiden neuen Kämpferinnen dürfen ein bisschen mitmischen, wobei ein perfektes Make-up dabei das Wichtigste zu sein scheint, aber sie und auch die übrigen neuen Figuren werden das Franchise nicht retten können, ebenso wenig wie ein paar eingestreute Martial-Arts-Kämpfe. Leider fehlt es darüber hinaus auch an den bei dieser Art von Filmen oft eingesetzten lakonisch-witzigen Dialogen, zumindest hier hätte man von der Riege der eingesetzten Drehbuchautoren etwas mehr erwartet,

Alles in allem ein Kawumm-Film, der allen gefallen könnte, die auf sinnfreies Ballern stehen und aus nostalgischen Gründen den in die Jahre gekommenen Recken Stallone, Statham & Co. noch einmal bei der routiniert abgespulten Arbeit zusehen möchten, für alle anderen ist er keine Offenbarung, und damit, wie der Titel bereits insinuiert, entbehrlich.

 

 

Regie: Scott Waugh

Drehbuch: Kurt Wimmer, Tad Daggerhart, Max Adams, b/a der Story von Spenser Cohen, Kurt Wimmer, Tad Daggerhart und den Charakteren von Dave Callaham

Kamera: Tim Maurice-Jones

Schnitt: Michael J. Duthie

Musik: Guillaume Roussel

 

Besetzung:

Jason Statham, Sylvester Stallone, Curtis „50 Cent“ Jackson, Megan Fox, Andy Garcia, Dolph Lundgren, Tony Jaa, Iko Uwais, Levy Tran

 

Lionsagate Movies/ Leonine Stuidos

2023

103 min.

FSK 18

Deutscher Kinostart: 21. September 2023

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=8eWpKk08No0 (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=DhlaBO-SwVE (Englisch)

Mittwoch, 13. September 2023

Im Kino: A Haunting in Venice

Im Jahr 1947 hat sich der berühmte (belgische) Detektiv Hercule Poirot (Kenneth Branagh) in Venedig zur Ruhe gesetzt, Verbrechen aufzuklären scheint ihn nicht mehr zu interessieren. Selbst seine alte Freundin, die Schriftstellerin Ariadne Oliver (Tina Fey), kann ihn nur mit Mühe aus seinem beschaulichen Leben herausreißen, indem sie ihn überredet, sie zu einer Séance in einer verwunschenen Stadtvilla zu begleiten. Da Poirot es gewohnt ist, die Dinge mit Ratio anzugehen, kommt ihm das Medium Joyce Reynolds (Michelle Yeoh), das vorgibt mit den Toten reden zu können, sofort dubios vor, aber als ein erster Mord geschieht und das geheimnisvolle Haus ein Eigenleben zu entwickeln scheint, lässt dies sogar den Meisterdetektiv mehr und mehr an seinem Verstand zweifeln…

Kenneth Branagh hat sich für die aktuelle Verfilmung eines Agatha-Christie-Krimis diesmal ein weniger bekannte Vorlage ausgesucht, was sich als geschickter Schachzug erweist, da so Vergleiche mit Vorgängerversionen ausbleiben. Aber auch sonst hält sich der Brite in vielen Dingen angenehm zurück, kein überbordendes Starensemble und vor allem keine bombastische CGI-Orgie, wie in seinen Adaptionen von „Mord im Orient Express“ und dem „Tod auf dem Nil“. Der im Titel enthaltene Begriff „Haunting“ kann sowohl „jemanden verfolgen“, als auch „Spuk“ bedeuten, und genau in dieser Dualität bewegt sich die Detektivgeschichte diesmal, neben der Suche nach einem Mörder werden jede Menge Gruselelemente eingestreut, und diese Mischung überzeugt durch ungewöhnliche Kameraeinstellungen und einen entsprechenden Soundtrack.

Einiges bleibt natürlich unverändert: ein geschlossener Schauplatz mit einer Schar von unterschiedlichen Menschen, von denen jeder sein eigenes Geheimnis mit sich herumträgt, das der Detektiv im Vorbeigehen gleich mit aufdeckt, bevor er in bewährter Weise die finale Lösung des Verbrechens präsentiert. Dass Poirot stellenweise die Funktionsfähigkeit seiner kleinen grauen Zellen in Zweifel zieht ist ebenfalls ein reizvoller Aspekt, der Detektiv wankt, aber natürlich stürzt er nicht, und am Ende hat er das mysteriöse und grausame Rätsel des verwunschenen Hauses und der Verbrechen darin, wie zu erwarten, gelöst.

Trotz des Titels ist von Venedig nicht so viel zu sehen, da sich die Handlung fast ausschließlich in der Düsternis des alten Palazzos bewegt, aber dafür entschädigen die Eingangsszenen und am Ende ein wunderschöner Rundflug, bei der sich die Stadt noch einmal majestätisch in ihrer ganzen morbiden Pracht präsentiert darf. Auf jeden Fall ist Branagh ein solider Krimi gelungen, nichts Spektakuläres, aber schön anzuschauen und dabei angenehm altmodisch anmutend, genau das, was man bei diesem Stoff erwarten darf.

 


 Regie: Kenneth Branagh

Drehbuch: Michael Green, b/a Roman „Hallowe’en Party“ von Agatha Christie

Kamera: Haris Zambarloukos

Schnitt: Lucy Donaldson

Musik: Hildur Guðnadóttir

 

Besetzung:

Kenneth Branagh, Michelle Yeoh, Jamie Dornan, Tina Fey, Riccardo Scamarcio, Camille Cottin, Kelly Reilly, Jude Hill

 

20th Century/ Walt Disney Studios

2023

103 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 14. September 2023

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=XMUTZHHuZRQ (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=mYZMuTi4rwc (Englisch)

 

Im Kino: Voll ins Leben (La vie pour de vrai)

Tridan Lagache (Dany Boon) hat sein ganzes Leben im Club Med in Mexico an der Seite seiner Mutter verbracht. Jetzt, mit 50, will er endlich doch noch einmal auf eigenen Füßen stehen und macht sich auf den Weg nach Frankreich, um dort nach seiner Freundin aus Kindertagen, Violette, zu suchen, die er seit 42 Jahren nicht mehr gesehen hat. Sein verstorbener Vater hat ihm eine kleine Wohnung in Paris vermacht, aber zu seiner Überraschung wohnt dort sein ihm unbekannter Halbbruder Louis (Kad Merad), der über Tridans Besuch alles andere alles erfreut ist…

Dieses aktuelle Werk aus der Feder von Daniel Hamidou alias Dany Boon, erneut in Zusammenarbeit mit seinem bewährten und kongenialen Partner aus „Sch’ti“-Tagen, Kad Merat , beweist einmal mehr, dass man auch aus einer an sich hanebüchenen Geschichte eine leichte, lockere und herzerfrischende Komödie machen kann. Boon gelingt es, seiner Figur Tridan gleichzeitig Komik und Tragik zu geben und erweckt die beliebte Figur des reinen Tors, der sich durch die Schlechtigkeit der Welt niemals entmutigen lässt, zu neuem Leben. Wie er sich stets lächelnd und von allen Misserfolgen unbeirrt durchwurschtelt, ist entwaffnend, und auch wenn die Geschichte keine wirklichen Überraschungen bereithält, macht der Film einfach nur Spaß, und man nimmt ihm auch ein paar allzu platte Gags nicht wirklich übel.

Die Inszenierung ist durchaus routiniert, ebenso wie das Spiel der beiden Hauptdarsteller, was aber nicht per se ein Nachteil sein muss. Manchmal ist es auch einfach nur ein Zeichen von Können, etwas, was gefühlt bereits unzählige Male zu sehen war, neu zu verpacken und gekonnt zu präsentieren. Hierfür ist bereits die Eingangsszene ein wunderbares Beispiel, wo mal eben, während die Eingangstitel laufen, bereits eine ganze Geschichte in einfachen Standbildern bzw. alten Fotos erzählt wird. Für frischen Wind im Ensemble sorgt außerdem Charlotte Gainsbourg, der es gelingt, inmitten des routinierten Duos Boon/ Merat eigene Akzente zu setzen und die dabei zeigen darf, dass sie auch Komödie kann.

Auch wenn sich der Sommer allmählich seinem Ende entgegen neigt, hier ist er noch einmal, der leichte und witzige Sommerfilm, für alle, die Spaß an abstruser und teilweise absurder Situationskomik haben, mit guten Darstellern und einer Portion Tragik, wie es sich für eine gute Komödie gehört!

 


Regie: Dany Boon

Drehbuch: Dany Boon

Kamera: Glynn Speeckaert

Musik: Alexandre Lecluyse

 

Besetzung:

Dany Boon, Kad Merat, Charlotte Gainsbourg, Aurore Clément,

 

Leonine

F 2023

110 min.

FSK 0

Deutscher Kinostart: 14. September 2023

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=Qc0-kgDnYYU (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=hblNr0Elu1g (Französisch)

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

Im Kino: Trauzeugen

Der Scheidungsanwalt Jakob (Edin Hasanovic) soll mit der Paartherapeutin Marie (Almila Bagriacik) die Hochzeit eines befreundeten Paares organisieren, dabei läuft nichts, wie eigentlich geplant…

Was wie Material für ein turbulentes Lustspiel mit (vorhersehbarem) Happy End klingt, wirkt durchgehend so bemüht, dass der meiste Witz bereits im Ansatz verpufft. Die Akteure und Akteurinnen chargieren hemmungslos, alles wirkt aufgesetzt und es fehlt durchgehend das für eine funktionierende Komödie so wichtige Timing. Das Regie-Duo verlässt sich zu sehr darauf, dass die Situationen an sich schon komisch genug sind, aber aus einem leichten Stoff auch eine leichte und funktionierende Geschichte zu machen, das ist offensichtlich doch nicht so einfach, und wenn am Ende nur ein witziger Spruch übrig bleibt, ist das schon ein bisschen wenig. Wer möchte, darf natürlich gerne herausfinden, welchen ich meine...

Hinzu kommen einige einfach nur ärgerliche, weil völlig unnötige Fehler, was bei den Gerichtszenen beginnt, hier seien nur die gröbsten Schnitzer genannt, denn im Grunde stimmt hier so gut wie gar nichts: Es gibt in einem Scheidungsverfahren keine „Angeklagten“ und insofern auch keine „Verteidiger“ und zum wievielten Mal denn noch: vor einem deutschen Gericht wird nicht „Einspruch, Euer Ehren“ gerufen und es wird immer noch nicht mit dem Hämmerchen auf dem Richtertisch herumgeklopft! Das Erklettern einer steilen Wand geschieht niemals ohne Sicherung, in beiden Fällen hätte eine jeweilige Recherche vor Ort – Gerichtssaal, Kletterhalle – nicht geschadet. Und wer weismachen will, dass es mühelos möglich ist, in elf Tagen permanent mit dem Auto von Frankfurt/ Main nach Frankfurt/ Oder zu düsen, um dort auch noch umfassende Sanierungsarbeiten an einer alten Scheune durchzuführen (warum eigentlich ausgerechnet dort?), überzieht ohne Not auch an dieser Stelle.

Es hätte so nett sein können, aber leider, ohne gekonnte Inszenierung kommt am Ende doch wieder nur die übliche platte deutsche Komödie heraus, wie schade!

 


 Regie: Lena May Graf, Finn Christoph Stroeks

Drehbuch: Finn Christoph Stroeks

Kamera: Martin Schlecht

Schnitt: Florian Leitl, Martin Wolf

Musik: Andrej Melita

 

Besetzung:

Edin Hasanovic, Aimila Bagriacik, Christina do Rego, László Branko Breiding, Nilam Farooq, Iris Berben, Kurt Krömer

 

Paramount Pictures Germany

2023

99 min.

FSK 6

Deutscher Kinostart: 14. September 2023

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=UerOT5sWVjo (Deutsch)

 

 

Mittwoch, 6. September 2023

Im Kino: Dalíland

In den frühen 1970ger Jahren verbringen der weltbekannte Maler Salvador Dalí (Ben Kingsley) und seine Frau Gala (Barbara Sukowa) einige Zeit in New York, wo man in einem Hotel Hof hält und wilde Partys feiert, dabei sollte eigentlich eine Ausstellung vorbereitet werden. Damit der exzentrische Künstler das Malen nicht vergisst, schickt ihm der Galerist Christoffe (Alexander Beyer) einen jungen Assistenten namens James Linton (Christopher Briney), der sich bald als Teil des bunten Treibens sieht. Aber irgendwann erkennt er ernüchtert, dass er nur einer von Vielen ist und niemand außer dem Meister und seiner Gattin wirklich Teil von Dalíland sind…

Was angelegt ist als Einblick in das Seelenleben eines exzentrischen Künstlers, entpuppt sich bald als allzu zahmes, stellenweise durchaus amüsantes Kammerstück, bei der die Launen des Meisters und sein diffiziles Verhältnis zu seiner Frau Gala im Mittelpunkt stehen. Trotz einiger schillernder Figuren, die die Partys bevölkern – der junge Alice Cooper, die extravagante Amanda Lear – bleibt dieser vermeintliche Blick auf eine unkonventionelle Welt ziemlich konventionell. Gerade hier hätte man aber vielleicht einen genaueren Blick auf Dalís Sexualität vor allem in der Beziehung zu seiner Frau Gala erwartet, aber außer ein paar hübsch anzuschauende Bilder in der Rückschau auf das junge Paar geschieht hier gar nichts, und Galas aktuelles Interesse an einem jungen Künstler vermag auch nicht wirklich zu schockieren.

Das Stilmittel, einen neutralen Beobachter quasi von außen auf das Geschehen blicken zu lassen, gelingt mit der (fiktiven) Figur des James Linton zu keinem Zeitpunkt, dafür ist der junge Mann einfach zu farblos und blass. Er trägt nichts wirklich zur Geschichte bei, außer hin und wieder die Launen des Genies abzufangen, was ein bisschen wenig ist. Vielleicht hätte hier ein Darsteller mit mehr Charisma geholfen, einen echten Kontrapunkt zu den exzentrischen Hauptfiguren des Films zu setzen.

Spaß macht es dagegen, den beiden Hauptdarstellern bei der Arbeit zuzusehen, hier entwickelt sich dann doch immer einmal so etwas wie Dynamik und man erahnt die hochexplosive Spannung innerhalb dieser Ehe, zwischen Verbundenheit und Eifersucht, bis hin zu einer tiefen Abhängigkeit des Meisters von seiner Frau, die immer auch seine Muse geblieben ist.

Von dem Werk Dalís allerdings, von seinen weltbekannten Bildern, ist an keiner Stelle auch nur ein einziges wirklich zu sehen, weil offensichtlich hierfür keine Freigabe seitens der Rechteinhaber gab, und das ist ein Manko, das auch die besten Schauspieler nicht aufwiegen können: ein Film über einen Maler ohne ein einziges seiner ikonischen Bilder zu zeigen, das geht doch gar nicht… aber urteilen Sie selbst!


Regie: Mary Harron

Drehbuch: John Walsh

Kamera: Marcel Zyskind

Schnitt: Alex Mackie

Musik: Edmund Butt

Besetzung:

Ben Kingsley, Barbara Sukowa, Christopher Briney, Rupert Graves, Alexander Beyer, Ezra Miller, Avital Lvova, Andreja Pejic, Mark McKenna,

SquareOne Entertainment/ Magnolia Pictures

2022

97 min.

Deutscher Kinostart: 07. September 2023


Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=iFIeqky4Xso (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=H7T84-XhTj8 (Englisch)