Blog-Archiv

Mittwoch, 25. September 2019

Film-Rezensionen: Der Distelfink (The Goldfinch)


Film-Rezensionen: Nurejew – The White Crow (The White Crow)


In den 1960ger Jahren stehen sich Ost und West unnachgiebig gegenüber, der Wettstreit um Stärke und Macht erstreckt sich auf alle Bereiche, so auch auf die Kunst. Im Mai 1961 schickt die Sowjetunion das Kirow-Ballett, ihre beste russische Tanzkompanie, auf Tournee in den Westen. Auf der ersten Station in Paris sorgt dabei vor allem ein junger charismatischen Tänzers namens Rudolf Nurejew (Oleg Ivenko) für Furore, der die Rolle des Balletttänzers völlig neu interpretiert. Für ihn ist der Tänzer nicht bloß das "dritte Bein der Ballerina", er bewegt sich aktiv und dynamisch auf der Bühne, was zum damaligen Zeitpunkt etwas völlig Neues ist und das Publikum ist hingerissen.


In Rückblenden erfahren wir etwas über Nurejews Herkunft, die in keiner Weise auf seine spätere künstlerische Entwicklung hindeutet. Geboren wirder in einem Waggon der Transsibirischen Eisenbahn, wächst in ärmlichen Verhältnissen in einem Dorf nahe Ufa, der Hauptstadt der sowjetischen Republik Baschkortostan, auf. Er ist ein Außenseiter, eine „Weiße Krähe“ (White Crow), wie man dort sagt. Ein Zufall beschert ihm als Kind einen Ballettbesuch, von da an will er Tänzer werden. Als er es endlich schafft, aus der Provinz an eine renommierte Ballettschule in Leningrad zu kommen, ist er mit 17 Jahren eigentlich schon viel zu alt. Aber sein Ehrgeiz und unbändiger Wille treiben ihn an und lassen ihn nicht ruhen, bis ihn der renommierte Lehrer Puschkin (Ralph Fiennes) unterrichtet, und so schafft er, der nicht einmal zu den besten Tänzern seiner Generation gehört, es tatsächlich in das Kirow-Ballett, mit dem er nun auf Tournee ist.

Voller Lebenslust genießt er das Pariser Leben in vollen Zügen, geht aus, besucht Museen und trifft Menschen, freundet sich mit der jungen Chilenin Clara Saint (Adèle Exarchopoulos) an, bei allem argwöhnisch beobachtet und überwacht vom mitgereisten KGB. Er ist freiheitsliebend und rebellisch, aber manchmal zeigt er auch unvermittelt die dunklen Seiten seines Charakters, von jetzt auf gleich kann er unbeherrscht, arrogant und beleidigend werden, was auch seine Freundin Clara zu spüren bekommt. Als er vor dem Abflug nach London von der Kompanie getrennt und aufgefordert wird, nach Moskau zurückzukehren, steht er vor der Wahl zu gehorchen oder einen Antrag auf politisches Asyl in Frankreich zu stellen, entweder Heimat und Familie auf der einen oder Freiheit auf der anderen Seite, die schwierigste Entscheidung seines Lebens.

Der Film basiert auf der Biographie des legendären russischen Tänzers, Regie führt der britische Schauspieler Ralph Fiennes, der auch selbst eine Rolle übernommen hat. Er zeichnet den Lebensweg Nurejews bis zu jenem folgenschweren Tag am Pariser Flughafen Le Bourget nach, leider gehen in der deutsch-synchronisierten Fassung – zumindest wenn man dem Trailer glauben darf – sämtliche sprachlichen Nuancen verloren. Im Original wird Russisch, Französisch und Englisch gesprochen, selbst Ralph Fiennes, der viel Wert auf diese Authentizität gelegt hat, spricht als russischer Lehrer tatsächlich Russisch, bei uns spricht er nun, wie alle anderen, Deutsch.

Der junge ukrainische Tänzer Oleg Ivenko überzeugt in der Rolle Nurejews, er ähnelt ihm sogar ein wenig, und die Tanzszenen spielt er selbst. Das Flair der 1960ger Jahre ist gut eingefangen, ebenso die düstere Atmosphäre des von Misstrauen und Spannung geprägten russischen Umfelds. Trotz einiger Längen bietet der Film nicht nur für Ballettbegeisterte einen interessanten Einblick in die Geschichte und zum Schluss wird es sogar noch richtig spannend.

Regie: Ralph Fiennes
Drehbuch: David Hare, Julie Kavanagh in Anlehnung an ihr  Buch „Rudolf Nureyev: The Life"
Kamera: Mike Eley
Schnitt: Barney Piling
Musik: Ilan Eshkeri

Darsteller:
Oleg Ivenko, Ralph Fiennes, Louis Hofmann, Adèle Exarchopoulos, Sergei Polunin, Chulpan Khamatova


Studiocanal/ BBC Films/ HanWay Films
UK/FRK 2018
127 min.
Deutscher Kinostart: 26. September 2019
 

Film-Rezensionen: Midsommar


Dani (Florence Pugh) hat einen schweren Schicksalsschlag in ihrer Familie erlebt und klammert sich danach um so heftiger an ihren Freund Christian (Jack Reynor), der sich nicht traut, mit ihr Schluss zu machen, wie er es eigentlich möchte. Als Christian zusammen mit zwei anderen Freunden von ihrem Kommilitonen Pelle (Vilhelm Blomgren) zu einem Trip nach Schweden eingeladen wird, hängt sich Dani gegen den unterschwelligen Widerstand der anderen einfach an.

Im hellen schwedischen Sommerlicht tauchen die vier amerikanischen Studenten in Pelles Welt ein, sie sollen an einem uralten Fest teilnehmen und erleben staunend, wie sich eine froh gestimmte, weiß gekleidete Gemeinschaft von Jungen und Alten an einem abgelegenen Ort tief in den schwedischen Wäldern zu einem seltsamen Ritual versammelt. Es gibt noch zwei weitere Besucher, ein anderes Paar, und zu sechst werden alle tiefer und tiefer in einen immer verstörenderen Strudel von seltsamen Handlungen und Gebräuchen hineingezogen, bis sich zeigt, wer von ihnen etwas zu den Ritualen beitragen kann und darf, und für wen es kein Entkommen mehr aus diesem sich entwickelnden Alptraum gibt.

Ari Aster liefert nach „Hereditary“ (siehe hier: https://wandasnewworld.blogspot.com/2018/06/filmrezensionen-hereditary-das.html) ) einen weiteren Horrorfilm ab, der es in
sich hat. Im Gegensatz zu der in düsteren Farben gehaltenen und in der bedrückenden Enge eines dunklen Hauses angesiedelten Familiengeschichte entführt er den Zuschauer diesmal in die Helligkeit des schwedischen Sommers, wo scheinbar unbeschwerte Menschen ein heidnisches Fest feiern. Der Horror entwickelt sich schleichend, subtile Anzeichen für ein drohendes Unheil werden eingestreut, unterstützt von einem raffinierten Soundtrack, so dass sich die Gänsehaut bereits einstellt, bevor es einen wirklichen Grund dafür gibt.

Aster beherrscht es mittels seiner speziellen Bildsprache und Szenenmontage meisterlich, eine sinistre Atmosphäre zu schaffen, dafür nimmt er sich viel Zeit – für manchen Zuschauer vielleicht zu viel Zeit – und schafft es dennoch, die Spannung hoch zu halten. Mit Florence Pugh hat er eine brillante Darstellerin gefunden, die alle Facetten des Horrors, der für sie bereits vor der Schweden-Reise begonnen hat, geradezu körperlich spürbar macht. Lässt Aster die Jugendlichen sich anfangs noch mit ein paar mitgebrachten Drogen in Stimmung bringen, führt er sie auf einen realen Horrortrip, der ihre Vorstellungskraft sprengt und nimmt den Zuschauer dabei gekonnt mit, wobei er diesmal gänzlich auf dämonische oder übersinnliche Elemente verzichtet. Die teils absurd und überdreht wirkenden, von Menschen erdachten Rituale, sind dennoch erschreckend genug, allerdings muss die Frage erlaubt sein, ob einige der Szenen so brutal sein müssen.

Hier macht der Regisseur jedenfalls keine Kompromisse und man darf gespannt sein, ob Ari Aster in seinen nächsten Werken dem Genre treu bleiben wird, dem er bereits zwei Werke mit erkennbar eigener bemerkenswerter Handschrift hinzugefügt hat.


Regie: Ari Aster
Drebuch: Ari Aster
Kamera: Pawel Pogorzelski
Schnitt: Lucian Johnston
Musik: The Haxan Cloak

Darsteller:
Florence Pugh, Jack Reynor, Vilhelm Blomgren, William Jackson Harper, Will Poulter, Ellora Torchia, Henrik Norlén
Weltkino Filmverleih
FSK 18
147 min.
Deutscher Kinostart: 26. September 2019

Montag, 23. September 2019

Film-Rezensionen: Shaun das Schaf – Der Film: Ufo-Alarm (A Shaun the Sheep Movie: Farmageddon)


Ein UFO macht eine Bruchlandung in der Nachbarschaft der Mossy Bottom Farm. Während der Farmer voller Vorfreude auf eine neue Einnahmequelle an einer Alien-Show bastelt, ist schon bald eine Einheit des Ministry of Alien Detection (MAD) zur Stelle, wartet man dort doch schon seit Ewigkeiten auf eine Gelegenheit, einen leibhaftigen Außerirdischen zu fangen. Aber die kleine gestrandete Lu-La verfügt zwar über einige erstaunliche Fähigkeiten, stellt sich allerdings als kindlicher Ausreißer heraus, der Papas Raumschiff gecrasht hat. Shaun und seine Freunde haben alle Hände voll zu tun, Lu-La vor ihren Verfolgern zu schützen und wieder auf den Weg nach Hause zu bringen, bevor das Chaos, das sie verbreitet, zu groß wird.

Der zweite Langfilm mit dem wolligen Helden Shaun ist wiederum gespickt mit wunderbaren Einfällen und Gags und breitet mit hochheiligem Ernst die absurdesten Ideen aus, wie man es von den Aardman-Leuten gewohnt ist. Vor allem aber besticht er durch jede Menge Filmzitate und intelligente Anspielungen auf Science-Fiction-Klassiker, von „Unheimliche Begegnung der 3. Art“ über "X-Files" bis „E.T.", für Liebhaber des Genres ein riesiger Extra-Spaß, alle Zitate zu entdecken. Im Gegensatz zu Tarantino, der andere, aber vor allem sich selbst so gerne zitiert, sieht man hier, dass man dabei auch noch witzig und unterhaltsam sein kann. 

Der pfiffige Shaun zeigt einmal mehr, dass er mit seiner Truppe einen ganzen Film tragen kann, und auch wenn das Alien-Baby auf den ersten Blick vielleicht etwas kitschig wirkt, entwickelt es im Laufe der Zeit eine Mimik, die manch echtem Schauspieler gut zu Gesicht stünde. Das ganze Werk kommt komplett ohne ein einziges artikuliert gesprochenes Wort aus und ist dabei trotzdem mühelos in der Lage, auch Vorgeschichten zu erzählen, ein Kunststück für sich, das so manchem wortlastigen Autorenfilmer zu denken geben müsste...

Alles in allem: Ein völlig sinnfreier großer Spaß ohne erhobene oder sonstige (Zeige)Finger für die ganze Familie, bei dem jeder, der auf absurden Blödsinn steht, bestens unterhalten wird.



Regie: Will Becher, Richard Phelan
Drehbuch: Jon Brown, b/a Story und Figuren von Mark Burton und Nick Park
Kamera: Charles Copping
Schnitt: Sim Evan-Jones
Musik: Tom Howe

 Studiocanal/ Aardman
GB 2019
86 min.
Deutscher Kinostart: 26. September 2019



Donnerstag, 19. September 2019

Film-Rezensionen: Rambo: Last Blood

37 Jahre nach seinem ersten Auftritt im Jahr 1982 ist John Rambo (Sylvester Stallone) immer noch der einsame Krieger, der weiterkämpft, auch wenn alle anderen schon nach Hause gegangen sind. Haben ihm, dem traumatisierten Kriegsheimkehrer, im ersten Film der Reihe – Rambo: First Blood – noch die eigenen Landsleute in seinen blutigen Feldzug getrieben, entwickelt er sich im Folgenden zu einer kompromisslosen Ein-Mann-Kampfmaschine, die immer dort zum
Einsatz kommt, wo eine reguläre (amerikanische) Armee alleine nicht weiterkommt, sei es im Nachkriegsvietnam, in Afghanistan oder auf einer „Friedens"mission in Thailand und Burma. Wenn Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist, ist Rambo die Fortsetzung des Kriegs mit den ihm eigenen Mitteln, und die immer härter werdenden Filme fanden ihren bisherigen Höhepunkt im vierten Teil, der nur in einer kinotauglich geschnittenen Fassung in die Filmtheater kam, während die ungeschnittene Fassung auf dem Index landete.

Im aktuellen – und wie es heißt, letzten – Film dieser Brachial-Reihe, die einst mit einem durchaus ernst zu nehmenden gesellschaftskritischen Ton startete, wäre es passend gewesen, hätte sich Rambo noch einmal mit den Zumutungen der derzeitigen amerikanischen Gesellschaft auseinander setzen müssen – und die aktuelle politische Lage hätte dafür genügend Stoff geliefert. Dies geschieht leider nicht, der Film folgt sogar willig eben dieser aktuellen politischen Stimmung und beschert seinem Protagonisten Gegner im benachbarten, von Präsident Trump so vehement verteufelten Mexiko, wo sich ein paar Teufel in Person an John Rambos Ziehtochter Gabrielle vergreifen. Was Rambo dann auf seinem Rachefeldzug gegen ein
Gangster-Brüderpaar und dessen Entourage auffährt, entwickelt sich zu einem Feuerwerk der Vernichtung, das er mit der Entschlossenheit und Raffinesse vorbereitet, wie einst Kevin allein zu Haus. Der Showdown gerät zum Blutbad, aber wer hätte hier ernsthaft etwas anderes erwartet, Rambo macht nach wie vor keine Gefangenen und da er ein Mann von Wort ist, darf man sicher sein, dass er alles, was er ankündigt auch wortwörtlich umsetzt. Manche Szenen sind nichts für schwache Nerven, deshalb auch die FSK-Freigabe ab 18. Wie gesagt, um den Kreis zu schließen, wäre ein Konflikt im heimischen Umfeld die folgerichtigere Auflösung gewesen, aber wer weiß, vielleicht erhebt sich der Krieger doch noch ein weiteres, dann wirklich letztes Mal, um zu Hause aufzuräumen, Gründe hierfür gäbe es sicher einige.


Regie: Adrian Grunberg
Drehbuch: Matthew Cirulnick, Sylvester Stallone, b/a Story von Dan Gordon und Sylvester Stallone, b/a der von David Morrell entwickelten Figur
Kamera: Brendan Galvin
Schnitt: Carsten Kurpanek, Todd E. Miller
Musik: Brian Tyler

Darsteller:
Sylvester Stallone, Yvette Monreal, Paz Vega, Ósacar Jaenada, Sergio Perez-Mencheta,
Maria Beltran

 Universum Film
USA 2019
101 min.
FSK 18
Deutscher Kinostart: 19. September 2019


Mittwoch, 18. September 2019

Film-Rezensionen: Downton Abbey

 




Für alle Freunde von „Downton Abbey“ die beste Nachricht des Jahres: Es gibt einen Film, der die ganze Pracht und Herrlichkeit der beliebten britischen Adels-Serie nun endlich auch auf die großen Leinwand bringt.




 
Nach den Schrecken und Umbrüchen, die der Weltkrieg hinterlassen hat und der Verarbeitung einiger persönlicher Schicksalsschläge, von denen die Bewohner Downton Abbeys getroffen wurden, scheint sich das Leben wieder normalisiert zu haben. Wir schreiben inzwischen das Jahr 1927 und die Familie Crawley, nach wie vor angeführt von dem stets würdevollen und charmanten Robert, Earl of Grantham (Hugh Bonneville), sieht sich einer überraschenden Herausforderung gegenüber: König Georg V und seine Gattin befinden sich auf Rundreise durchs Land und möchten auch in Downton Abbey Station machen, was sämtliche Bewohner, sowohl die Herrschaft als auch die Schar der Dienstboten, in helle Aufruhr versetzt, erhebliche Vorbereitungen sind nötig, will man sich von seiner besten Seite zeigen. 

Als die hochnäsige Entourage des Königs sich daran macht, bei der Vorbereitung und Durchführung des königlichen Mahls auf Downton der Köchin, Mrs. Patmore (Leslie Nicol), und dem übrigen Personal das Szepter zu entreißen und der eigens für dieses Ereignis reaktivierte Butler Carson (Jim Carter) hilflos ansehen muss, wie er von seinem königlichen Pendant entmachtet wird, gibt es eine Revolte unter der Führung von Anna Bates (Joanne Froggatt), von der die Herrschaft natürlich nichts mitbekommt, und am Ende sind die Verhältnisse mittels einer vergnüglichen Intrige wieder hergestellt. Das gleichzeitig von anderer Seite geplante Attentat auf den König wird dabei fast zur Nebensache...

Der Film ist ein gelungener Ensemblefilm, der sich in unterhaltsamer und gewohnt liebevoller Weise den großen und kleinen Problemen seiner Protagonisten widmet, bei dem jeder der Akteure mit sichtlichem Spaß bei der Sache ist und dafür im Gegenzug mit der ihm jeweils gebührenden Aufmerksamkeit belohnt wird. Hier ist es natürlich schön, wenn man die Vorgeschichte der einzelnen Personen kennt, aber es gibt ansonsten Gelegenheit genug, Zugang zu den Figuren zu bekommen.

Ein Verdienst der Serie bestand darin, den aus heutiger Sicht anachronistischen Lebenswandel einerseits zu zeigen, andererseits aber durchaus durch die eigenen Figuren hinterfragen zu lassen, hieran knüpft auch der Film gekonnt an. So ist es für die Herrschaft zwar immer noch undenkbar, sich alleine anzukleiden, aber einen Landsitz in der bisherigen Weise fortzuführen scheint auf Dauer auch nicht mehr möglich. Ein Körnchen Sozialkritik mischt sich immer in den zur Schau gestellten Prunk, indem die Crawleys stets als Menschen mit sozialem Gewissen gezeichnet werden, die ebenso wie jeder andere mit Veränderungen und Verwerfungen zu kämpfen haben. Ein Highlight des Films wie auch der Serie sind auch diesmal die spitzzüngigen Bemerkungen der unvergleichlichen
Maggie Smith in ihrer Rolle als Lady Violet Crawley, die diese fast im Minutentakt abfeuert, die ebenso zum Gesamtvergnügen beitragen wie die Leichtigkeit, mit der der ganze Film in all seiner verschwenderischen Pracht daherkommt – alles in allem ein Augen- und Ohrenschmaus für jeden, der eine Pause von all den anderen testosteron- und pulverdampfgeschwängerten Blockbustern oder den Niederungen der aktuellen britischen Politik braucht.



 

 















Regie: Michael Engler 
Drehbuch: Julian Followes
Kamera: Ben Smithard
Schnitt: Mark Day
Musik: John Lunn  

Darsteller:
Hugh Bonneville, Elizabeth McGovern, Maggie Smith, Michelle Dockery, Laura Carmichael, Allen Leech, Joanne Froggatt, Brendan Coyle, Phyllis Logan, Jim Carter, Sophie McShera, Lesley Nichol, Robert James-Collier, Penelope Wilton, Kevin Doyle, Michael Fox, Matthew Goode
 
GB 2019
145 min.
Deutscher Kinostart: 19. September 2019

Film-Rezensionen: Ad Astra: Zu den Sternen (Ad Astra)


Es ist immer schwer, als Sohn eines berühmten und erfolgreichen Vaters seinen Platz im Leben zu finden, erst recht dann, wenn man auch noch denselben Beruf wie er ergreift. Genau dies trifft auf den Astronauten Roy McBride (Brad Pitt) zu, der im Schatten seines übermächtigen Vaters Clifford McBride (Tommy Lee Jones) steht, welcher aufgrund vieler wichtiger Weltraummissionen nie für seine Familie da sein konnte und seit seiner letzten Mission, dem „Lima Projekt“, auf der er nach außerirdischer Intelligenz suchen sollte, als verschollen gilt, was ihn endgültig zu einer Legende gemacht hat. Nun, dreißig Jahre nach seinem Verschwinden, gibt es Anzeichen, dass Clifford McBride noch lebt und von weit draußen am Ende des Universums Dinge in Gang setzt, die die Erde in massive Gefahr bringen. Roy wird daraufhin auf eine Reise zum Neptun geschickt, mit Zwischenstopps auf Mond und Mars, um Clifford zu finden und dessen Tun zu unterbinden, ihn notfalls auch zu eliminieren, doch vorher hat er noch ein paar Fragen an seinen Vater…

Der Film bewegt sich in höheren Sphären, aber vor allem zwischen mehreren Welten. Einerseits ist es ein Weltraumabenteuer, bei dem der Flug zum Mond zur Routine geworden und die Weiterreise zum Mars zwar etwas aufwendiger ist, aber auch kein größeres Problem mehr darstellt. Andererseits geht es um eine gestörte Vater-Sohn-Beziehung, bei der der Sohn mehr gelitten hat, als der Vater. Auf der Reise durchs All wird beides miteinander verknüpft, dabei sind jedoch einige Plausibilitäten auf der Strecke geblieben.

So wird nicht ganz klar, weshalb Roy eigens über den Mond und dann weiter zum Mars fliegen muss, nur um eine Botschaft an seinen Vater in den Äther bzw. in Richtung Neptun zu übermitteln. Wir lernen ihn als eher stoischen Charakter kennen, dessen Ruhepuls auch in kritischen Situationen nicht über 60 hinausschnellt, wobei es von solchen Situationen nicht allzu viele gibt, neben einer durchaus dramatischen Einganssequenz eine Actionszene auf dem Mond und einen einigermaßen blutigen Zwischenfall unterwegs zum Mars, ansonsten sehen wir überwiegend Brad Pitts Gesicht in Großaufnahme, in dem es aber nicht wirklich viel zu entdecken gibt, außer dass er sich verdammt gut gehalten hat. 

Der Regisseur hat sich erkennbar an großen Vorbildern wie „2001-Odysse im Weltraum“ und „Apocalypse Now“ orientiert, denen er jedoch in keiner Weise nahe kommt. Da draußen ist es öd und leer und ein Mensch ist dort so verloren und einsam, wie man nur sein kann, aber das wussten wir auch schon vorher. Es gibt zwar ein paar schöne Bilder, aber sie helfen nicht, um aus dieser Reise ins Herz der Finsternis einen spannenden Film zu machen, zumal auch der beabsichtigte psychologische Tiefgang eher flach bleibt, so dass sich insgesamt leider nichts als gepflegte Langeweile einstellt. Vielleicht lässt sich der ein oder andere Zuschauer von den Bildern und dem Namen des Hauptdarstellers blenden, aber am Ende gelingt es dem Film nicht, Kontakt mit dem Publikum herzustellen, ebenso wie Clifford McBride am Kontakt mit den Außerirdischen scheitert, dabei können Tommy Lee Jones und Donald Sutherland, der allerdings nur in einer kleinen Nebenrolle zu sehen ist, durchaus ein paar Akzente setzen, das ist letztendlich aber zu wenig für einen Film dieser Länge.

 
Regie: James Gray
Drehbuch: James Gray, Ethan Gross
Kamera: Hoyte van Hoytema
Schnitt: John Axelrad, Lee Haugen
Musik: Max Richter

Darsteller:
Brad Pitt, Liv Tyler, Tommy Lee Jones, Ruth Negga, Donald Sutherland

New Regency Pictures, Bona Film Group
USA 2019
122 min.
Deutscher Kinostart: 19. September 2019


Film-Rezensionen: Ein Licht zwischen den Wolken (A Shelter Among the Clouds)


Der Hirte Besnik (Arben Bajraktaraj) lebt ein bescheidenes Leben in einem kleinen Dorf in der rauen Gebirgswelt Albaniens. Als Außenstehender ist man beim Anblick der erhabenen Landschaft geneigt, darin eine Idylle zu sehen, wild und schön, aber das Leben dort ist eben auch karg und ohne jeglichen Luxus. Die Mehrheit der Dorfbewohner ist muslimisch geprägt, und so geschieht eines Tages Unerhörtes, als Besnik beim Beten in der kleinen Moschee hinter deren Wandputz christliche Heiligendarstellungen entdeckt, ein Zeichen dafür, dass das Gebetshaus einstmals von Christen genutzt wurde. Es entwickelt sich ein Disput zwischen den Dorfbewohnern, zunächst kann sich niemand vorstellen, das Gotteshaus mit der jeweils anderen Religionsangehörigen zu teilen. Besnik, in dessen Familie es Angehörige aller Glaubensrichtungen gibt, versucht zu vermitteln, er hat nach eigener, schmerzvoller Erfahrung gelernt, dass es am Ende möglich ist, Christen, Orthodoxe, Muslime und sogar Atheisten mehr oder weniger friedlich in einem Haus zusammen zusammenfinden zu lassen, warum sollen sie nicht im Wechsel in demselben Haus beten können?

Regisseur Budina erzählt seine Geschichte ruhig und unaufgeregt, lässt dabei die Bilder ihre Wirkung entfalten, bis man sich angesichts einer den Menschen umgebenden überwältigenden Natur fragt, welche Wichtigkeit Konflikte und religiöse Unterschiede eigentlich wirklich haben. Auch wenn manches am Ende ein bisschen zu gewollt und inszeniert wirkt, ist es doch ein poetischer, nachdenklich stimmender Film mit guten Darstellern, unter denen besonders Arben Bajraktarai als Besnik beeindruckt.  


Regie: Robert Budina
Drehbuch: Robert Budina
Kamera: Marius Panduru
Schnitt: Stefan Tatu
Musik: Marius Eleftarache

Darsteller:
Arben Bajraktaraj, Esela Pysqyli, Irena Cahani, Bruno Shllaku, Osman Ahmeti, Musbaidin Qamili, Helaga Boshnjaku, Suela Bako

Neue Visionen Filmverleih
Albanien 2018
84 min.
Deutscher Kinostart: 19. September 2019

Mittwoch, 4. September 2019

Film-Rezensionen: Es Kapitel 2 (It Chapter 2)

27 Jahre nachdem der Klub der Verlierer den Clown Pennywise (Bill Skarsgård) scheinbar besiegt hat, geschehen plötzlich wieder schlimme Dinge in der kleinen Stadt Derry, und so sieht sich  Mike (Isaiah Mustafa), der im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern des Clubs seinen Heimatort nie verlassen hat, gezwungen, seine alten Freunde zu kontaktieren, schließlich hatten sich alle als Kinder geschworen, zurückzukehren, sollte es notwendig sein. 

Es ist wie ein Klassentreffen, als sich Bill (James McAvoy), Beverly (Jessica Chastain), Richie (Bill Hader), Ben (Jay Ryan) und Eddie (James Ransone) wieder mit Mike zusammenfinden. Alle sind erwachsen geworden, aber bei näherem Hinsehen erkennen sie aneinander vertraute Züge und Marotten wieder. Auch wenn aus dem dicken Ben äußerlich ein sportlicher, smarter Typ geworden ist, tief in ihrem Inneren tragen alle noch die Narben ihrer Kindheit mit sich, und das, was sie damals zusammengebracht und zum Club der Loser gemacht hat, ist gleichzeitig ihre Schwäche, aber eben auch ihre Stärke, mit der sie das Böse schon einmal besiegt haben. Wird es auch diesmal, und dann für immer, gelingen?

Der Film knüpft an den sehr erfolgreichen ersten Teil aus dem Jahr 2017 an und ist, wie seine Protagonisten, erwachsen geworden. Die Handlung orientiert sich eng an der Romanvorlage von Stephen King – der einen launigen Cameo-Auftritt hat – und wagt sich sogar einigermaßen erfolgreich an das ziemlich abgedrehte Finale des Buches, allerdings mit einem modifizierten und stark abgeschwächten Ritual von Chüd. Durch die gesamte Handlung zieht sich der Schrecken, den das eigentlich namenlose Böse verbreitet, dessen Verkörperung als Horrorclown Pennywise nur eine Maske für etwas ist, was man nicht beschreiben kann, aber was die meisten mit sich herum tragen. Jeder von uns hat seine eigenen persönlichen Dämonen und wer oder was an diese Ängste rührt, erlangt dadurch seine Macht über uns, dies setzt der Film in teilweise verstörenden Bildern genial um.

Dazwischen wird die Spannung immer wieder durch kleine, humorige Szenen aufgelockert, es gibt jede Menge Anspielungen auf andere (Horror)Filme, weitere Cameo-Auftritte (unter anderem einer Regielegende), in diesen Szenen nimmt sich der Film selbst nicht mehr so ganz ernst, ebenso wie bei manchen Horrorelementen, die wie importiert aus einer mit absurden Gestalten bevölkerten Geisterbahn wirken. 

Aber schnell bleibt das Lachen dann doch wieder im Halse stecken, und Pennywise ist am unbarmherzigsten und grausamsten, wenn er sich an die Kleinsten oder Schwächsten heranmacht, hier hat auch der Film seine stärksten Schockmomente. Dass sich ihm ausgerechnet diese Klientel, der Club der Verlierer (würde man heute nicht sagen: Abgehängten?), zweimal entgegenstellt, ist ein starkes Zeichen, denn es signalisiert, dass sich jeder gemeinsam mit anderen wehren kann, es möglich ist, seine Kräfte mit anderen zu bündeln und den aufgeblasenen Popanz, der vielfach hinter einer Bedrohung steckt, unter Überwindung der eigenen jeweiligen Ängste und durch entschiedene gemeinsame Gegenwehr  anzugehen, bis irgendwann vielleicht nichts mehr von ihm übrig bleibt. – Eine ermutigende Botschaft!

Frage zum Schluss: Um wen handelt es sich bei der Regielegende und auf welchen Film spielt die Szene im Neibolt-Haus an? Anyone? Anyone? Gotta be f…… kiddin’!



Regie: Andy Muschietti
Drehbuch: Gary Dauberman, b/a Roman von Stephen King 
Kamera: Checco Varese
Schnitt: Jason Ballantine
Musik: Benjamin Wallfisch

Darsteller:
James McAvoy, Jessica Chastain, Bill Hader, Isaiah Mustafa, Jay Ryan, James Ransone, Andy Bean, Bill Skarsgård

Warner Bros.
USA 2019
169 min. 
Deutscher Kinostart: 05. September 2019