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Donnerstag, 31. Januar 2019

Film-Rezensionen: Belleville Cop (Le Flic de Belleville)


Baaba Keita (Omar Sy) ist Polizist im Pariser Stadtteil Belleville und sein Leben verläuft unspektakulär, während er versucht, sich mit den beiden Frauen seines Lebens, Mutter (Biyouna) und Freundin (Diem Nguyen), zu arrangieren. Als sein Jugendfreund Roland (Franck Gastambide), ebenfalls Polizist, vor seinen Augen erschossen wird, übernimmt Baaba dessen Job in Miami, USA, wo dieser einem internationalen Drogendeal auf der Spur war. Dort muss sich Baaba mit seinem amerikanischen Partner Ricardo (Luis Guzmán) arrangieren, was beiden Probleme bereitet, bis sie sich erwartbar zusammenraufen und, ebenso erwartbar, den Drogendealern das Handwerk legen.
Im Presseheft ist zu lesen, der Film sei die französische Antwort auf "Lethal Weapon", Anspielungen auf „Miami Vice“ und irgendwie auch auf den "Beverly Hills Cop“ sind beabsichtigt, außerdem ist von rasanten Verfolgungsjagden, wilder Action und explosivem Humor die Rede. Leider trifft all dies alles nicht zu.

Der Regisseur konkurrierte 2010 mit seinem Film„Tage des Ruhms" („Hors la Loi“) im Wettbewerb um die Goldene Palme in Cannes und wurde damit im nächsten Jahr für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert. Wie es zu dem aktuellen Film kommen konnte, ist daher schwer zu fassen, denn dieser vermag in keinerlei Hinsicht überzeugen, und da können auch zwei so profilierte Darsteller wie Omar Sy („Ziemlich beste Freunde“) und Luis Guzmán ("Narcos") nichts retten, schade.




Regie: Rachid Bouchareb
Drehbuch: Larry Gross, Rachid Bochareb & Marion Doussot,
b/a Vorlage von Rachid Bouchareb
Kamera: Alain Duplantier
Schnitt: Yannick Kergoat, Vincent Tabaillon
Musik: Eric Neveux

Darsteller:
 Omar Sy, Luis Guzmàn, Biyouna, Diem Nguyen,
Issaka Sawadogo, Franck Gastambide

Constantin Film Verleih GmbH
Tessalit Productions mit Davis Films
111 min
Deutscher Kinostart: 31. Januar 2019


Film-Rezensionen: The Possession of Hannah Grace


Die Ex-Polizistin Megan Reed (Shay Mitchell) hat nach einem traumatischen Ereignis mit anschließender Reha-Maßnahme einen neuen Job: sie nimmt während der Nachtschicht in der Leichenhalle eines Krankenhauses die dort eingelieferten Toten in Empfang. Die düstere Umgebung macht ihr keine Angst, bis eines Nachts die schlimm zugerichtete Leiche von Hannah Grace eingeliefert wird, einer junge Frau, die drei Monate zuvor während eines Exorzismus gestorben ist. Die bösartige Macht in ihr hat sich nicht austreiben lassen, sondern sucht nun nach einem neuen Körper, und für Megan beginnt ein wahrer Albtraum.

Ein Leichenschauhaus bei Nacht ist für sich gesehen bereits ein unheimlicher Ort, wenn dann die Leichen nicht mal richtig tot sind, ist Gruseln garantiert. Der Film liefert einige erwartbare Horror- und Schockeffekten, besonders die Versuche zu Beginn des Films, den Dämon auszutreiben, sind nichts für ganz schwache Nerven, wobei allerdings die Frage unbeantwortet bleibt, wieso ein mächtiger Dämon zwar mit reiner Willenskraft Menschen durch die Luft schleudern kann, dagegen nicht in der Lage ist, die Schlingen zu lösen, die ihn in Gestalt der Hannah Grace ans Bett fesseln.

Insgesamt aber dennoch eine solide Inszenierung mit einer robusten Heldin, die sich nicht einschüchtern lässt, sondern die gestellte Aufgabe offensichtlich nutzt, ihr angeknackstes Selbstvertrauen wieder aufzubauen. Shay Mitchell, Star der Serie „Pretty Little Liars“ überzeugt als starke Heldin, die sich dem fremden Dämon stellt, um am Ende ihre eigenen zu besiegen.





Regie: Diederik Van Rooijen 
Drehbuch: Brian Sieve
Kamera: Lennert Hillege
Schnitt: Stanley Kolk, Jake York
Musik: John Frizzell

Darsteller:
Shay Mitchell, Grey Damon, Kirby Johnson, Nick Thune

 Sony Pictures
86 min.
Deutscher Kinostart: 31. Januar 2019


Copyright Bild und Clip: Sony Pictures

Dienstag, 29. Januar 2019

Film-Rezensionen: Plötzlich Familie (Instant Family)


Das kinderlose Paar Pete (Mark Wahlberg) und Ellie (Rose Byrne) möchte ein Kind adoptieren, natürlich stellen sie sich zunächst ein einzelnes Baby vor, aber im Leben kommt es meistens anders, und so ziehen eines Tages die Geschwister Lizzy (Isabela Moner), Juan (Gustavo Quiroz) und Lita (Julianna Gamiz) bei ihnen ein. Bevor es zur endgültigen Adoption kommen kann, gibt es eine Erprobungsphase, die von der Adoptionsvermittlung beratend begleitet wird. Die anfängliche Euphorie der frischgebackenen Eltern weicht nach und nach einem gehörigen Frust, als sie feststellen müssen, dass ihre Aufgabe nicht so einfach ist, wie sie es sich erträumt hatten. Besonders die 15-jährige Lizzy stellt sie, wie jeder Teenager in diesem Alter, vor immer neue Herausforderungen, und auch die kleineren Geschwister sind nicht durchgehend niedlich und pflegeleicht, und eine fünfköpfige Familie mit all ihren Wünschen und Bedürfnissen stellt jedes Elternpaar vor gehörige Probleme, wobei Pete und Ellie sich nicht nach und nach auf eine Großfamilie einstellen konnten, sondern plötzlich diese Herausforderung meistern müssen.

Der Film, den Regisseur und Drehbuchautor Sean Anders, inspiriert von seiner eigenen
Lebensgeschichte, in Szene gesetzt hat, blendet genau diese Probleme nicht aus, sondern widmet sich ihnen mit Humor und Herz. Dabei hält er den Kitschfaktor erfreulich niedrig, so dass am Ende wieder ein Beispiel für einen gelungen Film über eine durchaus schwieriges Thema herausgekommen ist, eine Disziplin, die gerade amerikanische Filmemacher beherrschen, indem sie ihre Figuren und deren Probleme ernst nehmen, der Schwere des Themas aber gekonnt eine ausgleichende Leichtigkeit gegenüberstellen, die deutschen Filmen leider meistens fehlt, wo es nur die problemschweren oder die völligen Klamaukfilme zu geben scheint. Die Schauspieler machen ihre Sache ebenfalls gut, besonders die junge Isabela Moner, die kürzlich in dem Transformers-Reboot „Bumblebee“ ebenfalls überzeugen konnte.





Regie: Sean Anders
Drehbuch: Sean Anders und John Morris
Kamera: Brett Pawlak
Schnitt: Brad Wilhite
Musik: Michael Andrews 
Produzenten: Sean Anders, Stephen Levinson,
John Morris, Mark Wahlberg und Helen Pollak

Darsteller:
Rose Byrne, Mark Wahlberg, Octavia Spencer, Tig Notaro, Isabela Moner, Gustavo Quiroz,
Julianna Gamiz
 

Paramount Pictures Germany
118 min.
Deutscher Kinostart: 31. Januar 2019




Montag, 28. Januar 2019

Film-Rezensionen: Green Book - Eine Besondere Freundschaft (Green Book)


Tony „Lipp“ Vallelonga (Viggo Mortensen) ist ein grobschlächtiger Mann, der sein Geld mit Gelegenheitsjobs, unter anderem als Rausschmeißer in einem New Yorker Club, verdient. Eines Tages erhält er das Jobangebot, den schwarzen Pianisten Dr. Don Shirley (Mahershala Ali) auf dessen Konzert-Tournee durch die Südstaaten der USA zu chauffieren. Es ist das Jahr 1962, der Süden ist für Menschen mit einer anderen Hautfarbe als weiß nicht ungefährlich, und es ist von Anfang an klar, dass Dr. Shirley auf dieser Fahrt nicht nur einen Fahrer, sondern vor allem einen Beschützer braucht. Tony bekommt zu Beginn einen Reiseführer der besonderen Art in die Hand gedrückt, das von einem Herrn Green geschriebene „Negro Motorist Green Book", mit dem Verzeichnis aller für afroamerikanische Autofahrer kompatiblen Unterkünfte und Restaurants.

Shirley ist ein eleganter, distinguierter Schöngeist, Tony in jeder Hinsicht das genaue Gegenteil, aber beide haben diese Offenheit, die es braucht, um über den eigenen Horizont hinaus zu blicken, was man von der feinen Gesellschaft, die sich an Shirleys Pianokünsten durchaus wohlwollend delektiert, nicht sagen kann. Deren Rassismus ist so plump und entwaffnend zugleich, dass es mehr Gleichmut braucht, als Tony in manchen Situationen, in die sie geraten, aufzubringen imstande ist. Auf seine Frage, weshalb sich Shirley diese Reise überhaupt antut, bekommt er von einem der mitreisenden anderen Musiker die Antwort, dass es genau diesen Mut braucht, um die Herzen der Menschen zu verändern („Because it takes courage to change people's hearts").

Shirley und Tony kommen sich auf ihrer Reise so nahe, wie es unter anderen Umständen nie geschehen wäre, und sie profitieren beide davon. Aus Tony wird natürlich kein Schöngeist und Dr. Shirley wird sich niemals die Hemdsärmeligkeit seines Chauffeurs zu eigen machen, aber beide gewinnen einen Respekt füreinander, der Klassen- und Rassenschranken niederreißt, bis sich einfach zwei Menschen mit ihren Stärken und Schwächen gegenüberstehen.

Regisseur Peter Farrelly, sonst eher bekannt durch leicht krawallige Komödien, inszeniert hier einmal mit leichter Hand und zeigt auf, wie einfach es sein könnte, mit Humor und Menschlichkeit aufeinander zuzugehen, wenn man Vorurteile und Ressentiments beiseite schiebt, und wie sich dann auch zwischen Menschen, die so unterschiedlich sind wie Dr. Shirley und Tony Lipp, so etwas wie eine Freundschaft entwickeln kann. Hierfür gebührt dem Film, der auf einer wahren Geschichte beruht, bereits jede Anerkennung, aber sein feiner Sinn für Situationskomik und anrührende Szenen machen daraus endgültig einen lohnenden Kinoabend, und der Film hat völlig zu Recht bereits etliche Preise der laufenden Awards Season abgeräumt.




Regie: Peter Farrelly
Drehbuch: Peter Farrelly, Nick Vallelonga, Brian Currie
Kamera: Sean Porter
Schnitt: Patrick J. Don Vito
Musik: Kris Bowers

Darsteller:
Viggo Mortensen, Mahershala Ali, Linda Cardellini

Entertainment One Germany
130 min.
Deutscher Kinostart: 31. Januar 2019




Film-Rezensionen: The Mule


Der fast neunzigjährige Earle Stone (Clint Eastwood) hat seine ganzes Leben gearbeitet und steht schließlich dennoch vor der Insolvenz seines Blumenhandels. Als er mit den Resten seines Hausstands auf dem alten Lieferwagen bei der Hochzeit seiner Enkeltochter Ginny (Taissa Farmiga) auftaucht, erhält er von einem der Gäste ein willkommenes Angebot, etwas Geld zu verdienen, bei dem er nur das machen muss, was er als Handlungsreisender sein ganzes Leben getan hat: Auto fahren. Nebenbei transportiert er in seinem Kofferraum allerdings auch noch ein Paket, am Zielort stellt er den Wagen kurz ab und bei seiner Rückkehr ist das Paket verschwunden, dafür liegt ein Bündel Geld im Handschuhfach, und dieses Prozedere wiederholt sich bei jeder weiteren Fahrt.

Earl ist zwar alt und anfangs ziemlich naiv, aber er ist nicht dumm und so ist ihm bald klar, was er da transportiert, nämlich als sogenanntes „Maultier" („Mule“) Drogen für das örtliche Drogenkartell. Eigentlich hätte damit für Earl sofort Schluss mit seinen Fahrten sein müssen, aber die Geldbündel in seinem Handschuhfach werden immer dicker, die Pakete, die er transportiert allerdings auch. Der Kartellboss Laton (Andy Garcia) ist mit Earl hochzufrieden, denn wer wäre unverdächtiger als ein alter Mann in seinem Transporter, wobei sich Earl inzwischen bereits einen nagelneuen SUV gegönnt hat.

Auch sonst weiß er das Geld gut zu nutzen. Sein ganzes Leben lang hat er seine Lilien mehr geliebt und sich um sie mehr gekümmert, als um seine Familie, die er bei allen wichtigen Ereignissen im Stich gelassen hat, weil er irgendwo unterwegs war. Daran ist seine Ehe mit Exfrau Mary (Dianne Wiest) gescheitert und so hat er die Liebe seiner Tochter Iris (Alison Eastwood) verloren, die sich schon lange von ihm abgewendet hat. Nun beginnt er, sich mit seinem neuen Reichtum zurückzukaufen, was er verloren hat, indem er großzügig Geschenke an Familie und Freunde verteilt und dabei sichtlich seinen neuen Status als Gönner und Wohltäter genießt.

Erst als Mary im Sterben liegt, ist er endlich bereit, sich seiner Familie und seiner Verantwortung zu stellen, allerdings bringt er damit sich und seine Geschäfte in Gefahr, denn die Drogenfahndung in Gestalt der Agenten Bates (Bradley Cooper) und Treviño (Michael Peña) ist ihm letztlich doch auf die Spur gekommen, und deren Netz zieht sich immer enger zu. Nachdem er am Ende auch noch die brutale Seite seiner Geschäftspartner kennen gelernt hat, ist es fast eine Erlösung, als die DEA den Drogenring hochnimmt. Vor Gericht steht Earl entgegen den Bemühungen seiner Anwältin zu seiner Schuld, geht ins Gefängnis und kümmert sich dort um den Knastgarten. Das Wichtigste ist jedoch, dass seine Familie ihm verzeiht, zudem weiß sie zumindest für die nächste Zeit, wo er ist...

Clint Eastwood hat mit diesem Film, der auf einer wahren Begebenheit beruht, ein launiges Alterswerk vorgelegt, bei dem er erstmals seit „Gran Torino“ auch noch einmal selbst vor der Kamera agiert. Er tut dies mit Grandezza und einer entwaffnenden Lässigkeit, balanciert seine Figur Earl gekonnt zwischen Naivität und Gerissenheit. Seine Gesangseinlagen im Auto, sein lockerer Umgang mit den Drogengangstern vermitteln das Bild eines Lebenskünstlers, der mit allen Menschen gut auszukommen scheint, außer mit denen, die ihm am nächsten sind. Insofern ist es nicht leicht, völlige Sympathie für Earl zu entwickeln, er bleibt undurchschaubar. Auch wenn er sich am Ende seiner Verantwortung stellt, wird nicht klar, ob er seine Karriere als Drogenkurier bereut, eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass er seine Familie und Freunde mit schmutzigem Drogengeld gewinnen wollte, findet leider nicht statt. Dafür scheint die Reue bezüglich all der verlorenen Jahre, in denen er seiner Familie nie wirklich nahe war, echt zu sein, es ist nur schade, dass es eines Verbrechens bedurfte, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen.



Regie: Clint Eastwood 
Drehbuch: Nick Schenk, inspiriert durch einen
New York Times Magazine-Artikel „The Sinaloa Cartels’ 90-Year-Old Drug Mule“
von Sam Dolnick 
Kamera: Yves Bélanger
Musik: Arturo Sandoval
Schnitt: Joel Cox

Darsteller:
Clint Eastwood, Laurence Fishburn, Dianne Wiest, Bradley Cooper, Andy Garcia, Michael Peña, Alison Eastwood, Taissa Farmiga, Ignacio Serricchio, Loren Dean, Eugene Cordero

Warner Bros. Pictures, Imperative Entertainment
und BRON Creative
116 min.
Deutscher Kinostart: 31. Januar 2019 









Dienstag, 22. Januar 2019

Creed II: Rocky's Legacy (Creed II)


Rocky Balboa (Sylvester Stallone), der Underdog, der im Boxring über sich hinauswuchs und damit (Film)Geschichte schrieb, steht schon längst nicht mehr selbst im Ring, aber seit „Creed: Rocky’s Legacy" aus dem Jahr 2015 betreut er den jungen Adonis Johnson (Michael B. Jordan), den unehelichen Sohn des legendären Apollo Creed, einst Gegner und später Freund von Rocky.

Adonis hat es als frisch gebackener Weltmeister noch nicht gelernt, mit seinem Ruhm klarzukommen. Unsicher ist er auch in seiner Beziehung zu Freundin Bianca (Tessa Thomson), sein geplanter Heiratsantrag fällt ihm sichtlich schwerer als jede Herausforderung im Ring, aber auch hier bekommt er Unterstützung seines alten Freundes Rocky, der ihm mit seiner Lebenserfahrung stets zur Seite steht. Als Bianca schwanger wird, scheint dem Glück nichts mehr im Wege zu stehen.

Dann aber wird Adonis von der Vergangenheit eingeholt, denn er bekommt es mit einem neuen und gleichzeitig alten Herausforderer zu tun: Ivan Drago (Dolph Lundgren), der für Apollo Creeds Tod im Ring verantwortlich war, hat nach seiner darauffolgenden Niederlage gegen Rocky schwere Zeiten in seiner alten Heimat Russland hinter sich und arbeitet mit seinem Sohn Viktor (Florian „Big Nasty" Munteanu) an einer späten Revanche für seine Schmach, indem er Viktor zu einer bissigen Kampfmaschine abrichtet und ihn bereit macht für die Eroberung des Titels, der ihm seinerzeit verwehrt blieb. Adonis hat Zweifel, ob er seinen Titel gegen diesen Gegner verteidigen kann, und als auch Rocky ihm seine Unterstützung hierfür entzieht, machen ihn seine Selbstzweifel zu einer leichten Beute für Viktor und dessen Einpeitscher Ivan. Eine Disqualifizierung Viktors rettet den schwer angeschlagenen Adonis zwar zunächst, aber es ist klar, dass es zu einem Rückkampf kommen muss. Jetzt ist auch Rocky wieder an seiner Seite und gemeinsam mit ihrem alten Team baut dieser Adonis physisch aber vor allem auch mental wieder auf, und der furiose Showdown kann beginnen.

Mit Creed findet die Rocky-Saga eine Fortsetzung für eine neue Generation, die 1976, dem Jahr des ersten Rocky-Films, noch nicht einmal geboren war, der Film, der seinerzeit drei Oscars – inklusive den für den besten Film – gewann und den Beginn einer großen Hollywood-Karriere für den bis dahin völlig unbekannten Sylvester Stallone bedeutete.

Wie damals, und wie in jedem Film dieser Art, geht es um die Frage, woraus Champions gemacht sind, ob sie für sich kämpfen, oder jemand anderem etwas beweisen wollen, und es gibt keine Überraschungen bei der Antwort, nur dass sie nicht mehr so einfach ist, wie damals, als Rocky auf die Frage „Why do you wanna fight?“ lakonisch erwiderte: „Because I can’t sing or dance.“ Aber für das fast shakespearehafte Thema zweier Söhne, die das Erbe ihrer Väter mit sich herumschleppen, ist der Film dann doch zu leichtgewichtig. Die Rolle der Mütter in diesem Drama klingt kurz an, während Viktors Mutter (Brigitte Nielsen) ihren Sohn wiederholt verlässt und ihn dem zweifelhaften Einfluss des Vaters ausliefert, ist Adonis’ Stiefmutter Mary Anne Creed (Phylicia Rashad) eine gleichzeitig starke und feinfühlige Frau, die bereits weiß, dass Bianca schwanger ist, bevor diese es selbst herausfindet.

Der Schwerpunkt der Handlung liegt jedoch auf der Figur des Adonis Johnson, an manchen Stellen zu ausufernd, hier hätten eine Straffung der Geschichte und etwas weniger Kitschmomente, wie der am Grab des Vaters, dem Film gut getan. Wenig Zeit erhält Viktor, der als das Produkt seines Vaters zwar furchterregend auftritt, aber insgesamt farblos bleibt. Das Verhältnis von Drago und Viktor bleibt oberflächlich und dass Vater und Sohn am Ende schiedlich-friedlich beim Joggen gezeigt werden, erscheint nach dem verbissenen Auftreten Ivan Dragos während des ganzen Films zuvor wenig glaubwürdig.

Die Szenen rund um den Kampf im Ring sind durchaus meisterhaft inszeniert, wie es sich für einen Kampf- und Sportfilm geziemt, dennoch gelingt es nicht, den Zuschauer gänzlich mitzureißen, und so kommt nur einmal etwas wie ein Gänsehautmoment auf, als die Musik unvermittelt in die Rockyfanfare übergeht.

Der jungen Held Adonis steht zwar im Mittelpunkt, aber er kann noch nicht in die Fußstapfen der zwar gealterten, aber immer noch präsenten Ikone Sylvester Stallone treten, der seine Figur Rocky mit einer altersweisen Abgeklärtheit verkörpert, zeitweise müde zwar, aber immer noch mit dem alten Funken, der wieder aufblitzt und zündet, wenn es darauf ankommt. 


Regie: Steven Caple Jr.
Drehbuch: Juel Taylor, Sylvester Stallone b/s story von Sascha Penn und Cheo Hodari Coker
Kamera: Kramer Morgenthau
Musik: Ludwig Göransson

Darsteller:
Michael B. Jordan, Sylvester Stallone, Tessa Thomson, Wood Harris, Russell Hornsby, Phylicia Rashad, Dolph Lundgren, Florian „Big Nasty" Munteanu, Brigitte Nielsen

MGM und Warner Bros. Pictures
130 min.
Deutscher Kinostart: 24. Januar 2019

Ralph reichts 2: Chaos im Netz (Ralph Breaks the Internet)

Der tollpatschige aber gutmütige Hüne Ralph aus dem Film „Ralph reichts" ist zurück! Eine neue Technik bedroht seine kleine Freundin Vanellope und ihr Rennfahrspiel „Sugar Rush": Der Automatenbetreiber Mr. Litwak ist kurz davor, das Spiel abzuschalten, weil er einen WiFi-Router angeschafft hat, und als dann auch noch das Steuerrad von Vanellopes Auto bei einer wilden Fahrt auf einem Parcours, den Ralph für sie eingerichtet hat, zerbricht, ist schnelle Hilfe gefragt, und die glauben sie in einem Laden namens „eBay“ zu finden.

Mit Hilfe des Routers katapultieren sich Ralph und Vanellope ins World Wide Web, eine für sie zunächst völlig undurchschaubare Welt in Gestalt einer futuristischen Großstadt, in der sie sich nur mühsam zurecht finden. Als sie bei eBay tatsächlich fündig werden, ersteigern sie das gesuchte Steuerrad, allerdings, weil sie das Prinzip des Bietens nicht verstehen, zu dem horrenden Preis von 27.001 Dollar, eine utopische Summe, die sie natürlich nicht haben.

Bei der Suche nach Möglichkeiten das nötige Geld zu verdienen kommt ihnen der Algorithmus Yesss zu Hilfe und es beginnt ein wahrhaft wilder Ritt durch das Internet mit all seinen Versprechungen und Gefahren. Besonders Ralph stiftet dabei in kürzester Zeit so viel Chaos, dass es eine wahre Freude ist. Auf der Seite OhMyDisney.com gibt es jede Menge spannender Begegnungen mit zahlreichen Disney-Charakteren, von StarWars- über Marvelhelden, bis hin zu allen, wirklich allen Prinzessinnen, die jemals für Disney aufgetreten sind und die Vanellope gerne in ihren Kreis aufnehmen.
 
Während Ralph plötzlich zum Internet-Star auf einer Seite namens Buzzz Tube aufsteigt, entdeckt Vanellope ein Rennfahrerspiel, in dem sie sich gleich zu Hause fühlt und plötzlich tritt die ursprüngliche Mission, ihr altes Automatenspiel zu retten, völlig in den Hintergrund.

Der Film wartet mit einem Feuerwerk an Ideen auf, jeder Zuschauer, ob klein, ob groß, wird viele bekannte Dinge erkennen, von zwitschernden blauen Vögelchen bis zu einem bekannten Wissensgiganten, aber auch die Schattenseiten tauchen auf, die nervenden Pop-up-Seiten, ein Shitstorm und ein unheimlicher, alles fressender Virus.

Am Ende haben sich Ralph und Vanellope ziemlich voneinander entfernt und es stellt sich die Frage, ob man überhaupt noch etwas gemeinsam hat. Aber die beiden finden natürlich einen Weg zurück zueinander, bei dem jeder so sein kann, wie er ist und seinen eigenen Interessen nachgehen kann, ohne dass sie ihre Freundschaft dafür aufgeben müssen, und dafür hat sich der chaotische Ausflug allemal gelohnt.





Regie: Rich Moore, Phil Johnston
Drehbuch: Phil Johnston, Pamela Ribon b/a story von Rich Moore, Phil Johnston, Jim Reardon, Pamela Reardon, Josie Trinidad und zusätzlichem Material von Kelly Younger
Kamera (Layout): Nathan Warner
Musik: Henry Jackman
Stimmen:
John C. Reilly, Sarah Silverman, Gal Gadot, Taraji P. Henson, Alfred Molina, Ed O’Neil,
Deutsche Stimmen:
Anna Fischer, Kim Hasper, Vera Teltz, Lina Larissa Strahl
 
Disney/ Pixar
112 min.
Deutscher Kinostart: 24. Januar 2019


Dienstag, 15. Januar 2019

Das Filmjahr 2018

An dieser Stelle möchte ich das Jahr noch einmal Revue passieren lassen und präsentiere meinen ganz persönlichen Filmjahresrückblick, die Film erscheinen chronologisch, nicht als Rangliste:

Meine Favoriten

Greatest Showman (Januar)
Wie der Zirkus entstand: Die Geschichte des P.T. Barnum als schwungvolles Musical mit einem Soundtrack, der durchweg Ohrwurmcharakter hat und einem tollen Ensemble, allen voran einem singenden und tanzenden Hugh Jackman in Bestform.

Three Billboards outside Ebbing, Misouri (Januar)
Böser Film über den Rachfeldzug einer trauernden Mutter, die ihre Tochter bei einem Verbrechen verloren hat, unnachgiebig und kompromisslos.

The Death of Stalin (März)
Politsatire mit beißendem Spott: Wie man an die Macht kommt und wie man verhindert, dass andere an die Macht kommen, über Leichen zu gehen kann dabei nicht schaden.

Isle of Dogs (Mai)
Warmherzige Geschichte über den einst besten Freund des Menschen in Stop Motion-Technik, mit japanischem Touch, etwas Sozialkritik und einer bunt gemischten Hundetruppe, Verstoßene, die sich zurück in die Herzen der Menschen kämpfen.

25 km/h (Oktober)
Charmantes deutsches Roadmovie mit zwei hervorragend aufgelegten Hauptdarstellern und gut besetzten Nebenrollen, der Beweis, dass eine deutsche Komödien auch niveauvollen Spaß mit Tiefgang bieten kann.

Bad Times at the El Royale (Oktober)
Spannend und trickreich inszenierter Film mit glänzenden Darstellern, die sich ein Stelldichein in einem ganz speziellen Hotel geben, beste schräge Unterhaltung mit Kultcharakter

Dogman (Oktober)
Kleiner, stiller Film aus der tristen italienischen Provinz über einen bemitleidenswerten Tropf, mit furiosem Ende und der Erkenntnis: Hunde sind doch die besseren Menschen.

Werk ohne Autor (Oktober)
Bilderbogen zur deutschen Geschichte über Kriegsgräuel, Opportunismus, familiäre Verstrickungen und die heilende Kraft der Kunst.

Assassination Nation (November)
Furiose Abrechnung mit dem amerikanischen Traum, mit der Freiheit und den Freuden des Internets, mit der Unterdrückung von Frauen, Schwarzen, und überhaupt mit allem.

Bohemian Rhapsody (November)
Trotz einiger biographischer Ungenauigkeiten voller Herz, Schmerz, der Musik von Queen und einem überzeugend besetzten Freddie Mercury – da bleibt kein Auge trocken, we will rock you!

Auch gut

Wunder (Januar)
Berührender Film über Außenseiter, die Liebe und ganz viel Mut.

I Tonya (März)
Aufstieg und tiefer Fall der „Eishexe“ Tonya Harding, satirisch und unterhaltsam.

Lady Bird (April)
Coming-of-Age-Story mit guten Darstellern.

Deadpool 2 (Mai)
Die Quasselstrippe schlägt wieder zu – politisch unkorrekt, böse und ziemlich komisch.

Foxtrot (Juli)
Dem Schicksal entgeht man nicht und Krieg endet immer tödlich, selbst im Frieden. 

Mission Impossible – Fallout (August)
Ethan Hunt gegen alle – trotz hanebüchener Handlung spannend und unterhaltsam.

Book Club (September)
Trotz schlechten Buchgeschmacks beweist tolles Damenquartett, dass Liebe zeitlos ist.

Bumblebee (Dezember)
ET goes Transformers – gelungenes Prequel. Oder ein Reboot?

Leto (November)
Rocksommer im Leningrad der 80ger Jahre, originell, bunt und laut.


Unterschätzte Filme

Letztendlich sind wir dem Universum egal (Mai)
Jugendfilm über eine wandernde Seele auf der Suche nach Liebe.

Love, Simon (Juni)
Erste Liebe und Erwachsenwerden betrifft nicht nur Heteros.

Nur ein kleiner Gefallen (November)
Harmlose Hausfrau entpuppt sich als taffes Mädel, satirisch und überraschend, mit schönen, stylischen Bildern.

Hostiles (Mai)
Kompromissloser Spätwestern, zu Unrecht übersehen.

Molly’s Game (März)
Jessica Chastain zieht alle über den Pokertisch, bis man ihr das Handwerk legt – spannendes Spielerdrama.


 Überschätzte Filme

A Star is Born (Oktober)
Warum? Warum zum vierten Mal die bekannte Geschichte?

Aufbruch zum Mond (November)
Zu altmodisch inszeniert, mit einem ausdruckslosen Hauptdarsteller.

Überflüssige/ Ärgerliche Filme

Alles Geld der Welt (Februar)
Zu lang, um den Entführungsfall Getty noch einmal spannend aufzuarbeiten (überflüssig)

Red Sparrow (März)
Schlecht inszenierte krude Agentenstory, bei der aber auch gar nichts überzeugt. (ärgerlich)

Solo – A Star Wars Story (Mai)
Beantwortet Fragen über Han Solos Vergangenheit, die nie gestellt wurden, mit einem farblosen Darsteller in der Titelrolle (überflüssig)

Papillon (Juli)
Fügt dem Original von 1973 nichts Sehenswertes hinzu. (überflüssig)

Hereditary (Juni)
Hatte das Potential für einen spannenden Horrorfilm und vergeigt es mit einem hanebüchenen Ende.

Sicario 2 (Juli)
Hat leider nicht mehr die Wucht und Überzeugungskraft des ersten Films. (überflüssig)

A Star is Born (Oktober)
Drittes Remake (überflüssig) eines uralten Stoffes, mit dem ein alkoholnuschelnder Bradley Cooper als Hauptdarsteller, Sänger Regisseur und Drehbuchautor einen kalkulierten Frontalangriff auf Oscar & Co startet, indem er sich selbst groß in Szene setzt, Lady Gaga als Sängerin am Anfang ihrer Karriere besetzt und dieses Kalkül auch leider zum größten Teil aufgeht. (ärgerlich)

Abgeschnitten (Oktober)
Die Welt des Sebastian Fitzek ist nicht die meine – kruder Film basierend auf einer kruden Buchvorlage. (ärgerlich)

Kin (September)
Konnte sich nicht zwischen Jugend-, Kriminal- und Science-Fiction-Film entscheiden. (ärgerlich)

Mortal Engines (Dezember)
So ein Aufwand für so eine schwache Geschichte voller Klischees und bekannter Versatzstücke. (ärgerlich)







Sonntag, 13. Januar 2019

Film-Rezensionen: The Front Runner


Im Jahr 1987 hatte Gary Hart, Ex-Senator aus Colorado, beste Chancen, als Kandidat der Demokratischen Partei im Wahlkampf um das Amt des 41. Präsidenten der USA ins Rennen zu gehen. Diese Chancen lösten sich innerhalb kurzer Zeit in Luft auf, Hart zog zurück und der ehemalige Vizepräsident von Ronald Reagan, George H. W. Bush, setzte sich bei der Wahl 1988 gegen den neuen Kandidaten der Demokraten, Michael Dukakis, durch.


Der Grund für Gary Harts Scheitern lag nicht an seinen Fähigkeiten, er war ein überzeugender Redner und brillanter Analyst des politischen Geschehens. Zu Fall brachte ihn eine angebliche außereheliche Affäre mit
einer Frau namens Donna Rice. War man den bisherigen Präsidenten gegenüber in Bezug auf Liebschaften und sexuelle Eskapaden immer nachsichtig gewesen und hatte deren Verfehlungen geflissentlich aus der Berichterstattung herausgehalten, war der Fall des Gary Hart der erste, bei dem das private Verhalten eine so große Rolle spielte, dass es einen aussichtsreichen Präsidentschaftskandidaten zu Fall brachte.

Der Film orientiert sich eng an der Buchvorlage des Journalisten Matt Bai, der sich in seinem Werk „All the truth is out: The week politics went tabloid“ fundiert dem Politiker und Menschen Hart widmet, und daraus ist ein intelligenter und spannender Film entstanden, der den Zuschauer mitten hinein in die Maschinerie eines amerikanischen Wahlkampfs führt. Wir sind hautnah dabei, wenn ein ganzes Team von gewieften aber auch jungen engagierten Mitarbeitern praktisch Tag und Nacht an der Positionierung ihres Kandidaten arbeitet, und Hart ist kein einfaches „Produkt". Er ist eher spröde und zurückhaltend, viele der von seinem Team als notwendig erachteten PR-Termine machen ihm sichtlich keinen Spaß, aber er spielt mit, wenn auch widerwillig, um dann alle bei einem sportlichen Axtwurf auf eine Zielscheibe zu überraschen, wo er mühelos ins Schwarze trifft. Ansonsten fokussiert er sich jedoch ausschließlich auf seine politischen Botschaften und Analysen, von denen sich einige im Nachhinein als zutreffend erweisen sollten, wie hätte wohl ein Amerika ohne Bush Senior ausgesehen, hätte es einen Präsidenten Bush Junior dann überhaupt noch gegeben? Gedankenspiele, die sich ergeben, ebenso wie die Frage, weshalb ausgerechnet Hart über seine Affäre stolpern musste.

Der Film liefert hierzu keine endgültigen Antworten und bringt gerade dadurch den Zuschauer dazu, sich selbst ein Bild zu machen und zu hinterfragen, inwieweit private Seiten eines Politikers für dessen berufliches Wirken relevant sind. Wir sehen, wie ein intelligenter, politisch erfahrener Mann durch eine von ihm selbst angestachelte Presse zu Fall gebracht wird, die er mit einem wütend hinausgeschleuderten Satz „Follow me around. I don’t care" herausgefordert hatte. Offensichtlich ohne jegliches Verständnis für das Interesse an ihm als Privatperson, versucht er unbeirrt, seine Arbeit zu machen und reißt damit am Ende sich und sein engagiertes Team in den Abgrund.

Hugh Jackman in einer seiner stärksten Rollen spielt diesen Mann zurückgenommen und präzise, er porträtiert ihn als unterkühlten Menschen, soweit es um sein privates Umfeld geht, in der Sache leidenschaftlich und engagiert, der am Ende nicht begreift, wieso ein privater Fehltritt, der weder von ihm noch seiner angeblichen Liebschaft jemals bestätigt wurde, die politische Karriere beendete. 

Eine auch in den weiteren Rollen hochkarätige Besetzung macht aus dem Fall des Gary Hart ein politisches und gesellschaftliches Lehrstück, das auch heute nichts von seiner Brisanz eingebüßt hat.


Regie: Jason Reitman
Drehbuch: Matt Bai, Jay Carson, Jason Reitman b/a Buch von Matt Mai
Kamera: Eric Steelberg
Musik: Rob Simonsen
Darsteller: Hugh Jackmank, Vera Farmiga, J.K. Simmons, Mark O’Brian, Alfred Molina,
Sara Paxton
 

Sony Pictures
113 min.
Deutscher Kinostart: 17. Januar 2019