Anfang der 1970ger Jahre zieht der elfjährige JR (Daniel Ranieri) mit seiner Mutter (Lily Rabe) zurück in deren Elternhaus. Neben den Großeltern leben dort noch Tante, Cousinen und Cousins, und vor allem: Onkel Charlie (Ben Affleck). JRs Vater hat sich nie um ihn gekümmert, er ist Radiomoderator und nur einer Stimme im Äther, und so ist Onkel Charlie, der eine Bar in Long Island betreibt, die wichtigste männliche Bezugsperson. Von ihm und Charlies Freunden, allesamt Stammgäste in der Bar, lernt JR viel über das Leben und wie man sich als richtiger Mann verhält. Sein Wunsch, Schriftsteller zu werden führt ihn über ein Studium in Yale und eine Anstellung bei der New York Times am Ende zu sich selbst und seinem autobiographischen Werk „Tender Bar".
Dem Film liegt eben jene Vorlage von J.R. Moehringer zugrunde und zeichnet ein Bild seiner Kindheit und Jugend in den 1970ger und 1980ger Jahre. Vor allem der erste Teil, der den kleinen J:R. und den von ihm angehimmelten Onkel Charlie begleitet, ist ein nostalgischer Blick zurück, fotografiert in warmen Farben und mit viel zeitgemäßer Musik unterlegt, ein liebevolles Porträt einer Ersatzvater-Sohn-Beziehung, die von den beiden Akteuren Affleck und dem kleinen Daniel Ranieri in herzerwärmender Weise getragen wird.
Dem herangewachsenen JR, nun dargestellt von Tye Sheridan, fehlt dagegen leider jegliches Charisma, so dass die Figur zusehends beliebiger und uninteressanter wird, genau wie der Weg zum Schriftsteller mit seinen diversen Stationen. Weder die Beziehung zu einem Mädchen, das ihn immer wieder verlässt, noch zu seinen Collegefreunden besitzen den Charme des ersten Teils und der Running Gag mit der permanenten Frage nach seinem abgekürzten Namen zündet nicht wirklich. Die Szenen als angehender Journalist bei der New York Times bleiben blutleer und selbst der angedeutete Weg in den Alkoholismus und seine Abkehr hiervon erzeugen keine dramatische Spannung.
Erst während des Abspanns gibt es eine Splitscreen-Sequenz, in der noch einmal der kleine JR mit Onkel und dessen Freunden zu sehen sind, wie sie einen fröhlichen Ausflug zum Strand machen, hier leben Spaß und Interesse an den Figuren wieder auf, hiervon hätte man gerne viel mehr gesehen und dafür auf einen Teil der adoleszenten Szenen verzichtet, dann wäre es ein richtig netter Film geworden.
Regie: George Clooney
Drehbuch: William Monahan, b/a Roman von J.R. Moehringer
Kamera: Martin Ruhe
Schnitt: Tanya M. Swerling
Musik: Dara Taylor
Besetzung:
Ben Affleck, Daniel Ranieri, Tye Sheridan, Lily Rabe, Christopher Lloyd, Max Martini, Rhenzy Feliz, Max Casella, Sondra James, Michael Braun, Matthew Delamater
Amazon Original Movie
USA 2021
106 min.
FSK 12
Amazon Prime: seit Januar 2022
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=5-DS9vtLeEs