Blog-Archiv

Dienstag, 24. Dezember 2019

Film-Rezensionen: Cats

Keine Rezension an dieser Stelle.

Ich habe die Pressevorführung boykottiert, da dort die deutsche Fassung gezeigt wurde, was in diesem Fall bedeutet, dass auch der Gesang synchronisiert wurde, in meinen Augen – und Ohren – eine absolute Zumutung! Mag auch die deutschsprachige Musicalfassung hierzulande so bekannt sein, dass man davon ausging, dann wollten die Zuschauer auch die vertrauten deutschen Texte hören, diese stellen jedoch – wie meistens bei eingedeutschten Musicals – kein wirkliches Kulturgut dar, das es zu bewahren gilt. Was es jedoch zu bewahren gilt, ist der Respekt vor den künstlerischen Leistungen der Darsteller der Originalfassung. Wenn ich z.B. in ein Konzert von Taylor Swift gehe, will ich auch diese Sängerin hören und keine deutsche Fachkraft, sei sie auch noch so gut, dies gilt entsprechend für einen Opernabend.

Warum bei einem Musical, dessen Inhalt hinlänglich bekannt sein dürfte und das ohnehin nicht über eine komplizierte Handlung verfügt - manch einer ist sogar der Ansicht, es habe überhaupt keine - nicht wenigstens beim Gesang das Original beibehalten werden kann, erschließt sich mir auch nach längerem Nachdenken nicht.

Hier zur Verdeutlichung, welche Originalakteure man in der deutschen Fassung nicht hören wird:
Taylor Swift, Francesca Hayward, Idris Elba, Rebel Wilson, James Corden, Judi Dench, Jennifer Hudson, Ian McKellen, Jason Derulo u.a.m.

Zu den Kritikpunkten an diesem Film in übriger Hinsicht kann ich mich aus dem genannten Grund nicht äußern, allerdings ließ der veröffentlichte Trailer nichts Gutes vermuten… Das eine hat aber mit dem anderen nichts zu tun.

Deutscher Kinostart: 25. Dezember 2019

Film-Rezensionen: Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão (A Vida Invisível)


Brasilien in den 1950ger Jahren: Die Schwestern Euridice (Carol Duarte) und Guida (Julia Stockler) blicken erwartungsvoll in die Zukunft, von der sie hoffen, dass sich ihrer beider Träume und Hoffnungen erfüllen werden, denen sie im Haus ihrer konservativen Eltern nachhängen. Euridice ist eine begabte Pianistin und wünscht sich nichts sehnlicher als eine Ausbildung an einem entsprechenden Konservatorium, während die lebenslustige Guida auf der Suche nach Liebe und dem Mann ihres Lebens ist. Der innige Zusammenhalt der Schwestern wird eines Tages durch unglückliche Umstände zerrissen, an diesem Schicksal trägt ihr engstirniger und unerbittlicher Vater (Antonio Fonseca) die Schuld, Euridice und Guida werden getrennt, aber die Sehnsucht nach der jeweils anderen und dem Leben, das sie eigentlich hätten führen wollen, wird sie den Rest ihres Lebens nicht mehr loslassen.

Was wie eine schreckliche Kitschschmonzette klingt, ist ein stimmungsvolles Melodram geworden, das sich nicht scheut, Gefühle in epischer Breite zu entfalten und dabei in ästhetischen, aber auch je nach Situation durchaus ungeschminkten Bildern zu schwelgen, wodurch die Tragik der Geschichte für den Zuschauer fast körperlich fühlbar wird. Die den Träumen der Schwestern entgegenstehende Wirklichkeit ist eine von Männern bestimmten Welt, in die Frauen sich fügen müssen, ganz gleich, welche Wünsche sie selbst haben. Eine Frau hat glücklich zu sein, wenn sie von einem Mann erwählt wird, der sie mit Unterhalt und Kindern versorgt, dabei werden alsbald jegliche romantischen Vorstellungen von Liebe durch die ernüchternde bis abstoßende Realität der ehelichen und sexuellen Realität beseitigt, bis man sich irgendwann aneinander gewöhnt hat und das Leben auf einem gleichförmig gewordenen Level stagniert, so war es, und so soll es möglichst immer bleiben.

Man kann den Film als Kritik an den gesellschaftlichen Umständen der Zeit und des Landes Brasilien verstehen, was die Schuld des Vaters relativiert, der, diesem Zeitgeist geschuldet, in seinen Augen das Richtige tat. Aber das Leben von Frauen wird auch heute noch von Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten begleitet, in dem einen Land weniger, in dem anderen mehr. Entscheidend ist, sich nicht von erstarrten Konventionen fesseln zu lassen, ein zeitloser Auftrag an alle, die sich eine freie Gesellschaft wünschen, in der jeder nach seiner Façon glücklich werden darf, gleichgültig, ob Frau oder Mann.

Dass nun ausgerechnet ein männlicher Regisseur den Film in Szene gesetzt hat, scheint ein Anachronismus zu sein, aber letztlich kann es auf die Frage, ob ein Mann einen solchen „Frauenfilm“ drehen darf, nur eine Antwort geben: Ja natürlich, wenn der Film gut ist – und dieser ist es! Erst wenn das geschlechtliche Hinterfragen einer Leistung nicht mehr automatisch erfolgt, sondern die gleichberechtigte Möglichkeit sich zu verwirklichen für alle gegeben ist, sind die Probleme, die dieser Film anprangert, überwunden und wir sind da angelangt, wo wir hinwollen…

Regie: Karim Aïnouz
Drehbuch: Murilo Hauser, Inés Bortagaray, Karim Aïnouz; b/a dem Roman "A Vida Invisível de Eurídice Gusmão" von Marta Batalha 
Kamera: Hélène Louvart
Musik: Benedikt Schiefer

Darsteller:
Julia Stockler, Carol Duarte, Flávia Gusmão, António Fonseca, Hugo Cruz, Nicolas Antunes, Maria Manoella

 Piffle Medien GmbH
Brasilien/ Deutschland 2019
139 min.
Deutscher Kinostart: 26. Dezember 2019


Mittwoch, 18. Dezember 2019

Film-Rezensionen: The Peanut Butter Falcon


Zack (Zack Gottsagen), ein 22-Jähriger mit Down-Syndrom, wurde von seinen Eltern in Heime abgeschoben, mangels anderer Alternativen lebt er zuletzt in einem Altersheim. Von dort gelingt ihm mit Hilfe seines Mitbewohners Carl (Bruce Dern) die Flucht, nur mit Unterhose bekleidet macht er sich auf, um in die Schule seines Idols Salt Water Redneck, einer Wrestling-Legende, aufgenommen und dort selbst zum Wrestler ausgebildet zu werden. Unterwegs trifft er auf den Kleinganoven Tyler (Shia LaBeouf), dem ein paar üble Leuten auf den Fersen sind, denen er zuvor ihre Boote angezündet hatte. Nach anfänglichem Zögern nimmt Tyler Zack unter seine Fittiche und zusammen durchqueren sie abgelegene Regionen im Süden der USA, zu Land und zu Wasser, bis sich zwischen beiden so etwas wie Freundschaft entwickelt. Als dann noch die nette Schwester Eleanor (Dakota Johnson) aus dem Heim auf der Suche nach Zack zu den beiden stößt, entsteht fast so etwas wie eine kleine Familie, die gemeinsam versucht, Zack zu seinem geliebten Salt Water Redneck zu bringen.

Der Film spielt gekonnt mit seinen Mark-Twain-Momenten, indem er die beiden Helden zum Beispiel auf einem Floß durch die seichten Arme eines Flussdeltas schickt. Dabei gibt es allein durch den jungen Darsteller Zack Gottsagen wunderbare Szenen, der mit seinem entwaffnenden Humor seinen Mitakteuren so manche Szene stiehlt. Aber auch Shia LaBeouf und Dakota Johnson machen ihre Sache gut, auch wenn das ein oder andere an manchen Stellen dann doch ein wenig zu dick aufgetragen wirkt. Dennoch hat die Reise in den tiefsten ländlichen Süden ihren eigenen Charme und die Welt der Wrestlerszene dort birgt ein paar spezielle Momente, für deren Authentizität zwei echte ehemalige Wrestler – Jake „The Snake“ Roberts und Mick Foley alias Mankind bzw. Cactus Jack – sorgen. Die Botschaften des unspektakulären aber durchaus sehenswerten Films sind simpel aber eingängig formuliert: Folge deinem Traum, egal, wer du bist und wo du herkommst, und – so sagt es Zack in seiner anrührenden Weise – Freunde sind die Familie, die du dir aussuchst.

Und, ach ja: der Filmtitel bezieht sich auf den martialischen Kampfnamen, den Zack sich gibt – der mutige Falke mit Vorliebe für Ernussbutter-Sandwiches…




Regie: Tyler Nilson, Michael Schwartz
Drehbuch: Tyler Nilson, Michael Schwartz
Kamera: Nigel Bluck
Schnitt: Nat Fuller, Kevin Tent
Musik: Zachary Dawes, Noam Pikelny, Jonathan Sadoff, Gabe Witcher

Darsteller:
Zack Gottsagen, Shia LaBeouf, Dakota Johnson, Bruce Dern, John Hawkes, Thomas Haden Church, John Bernthal,

Tobis
FSK 12
97 min.
Deutscher Kinostart: 19. Dezember 2019
 
 

Film-Rezensionen: Star Wars – Der Aufstieg Skywalkers (Star Wars: Episode IX – The Rise of Skywalker)


Fans werden es mit einem lachenden und einem weinenden Auge sehen: Der letzte Teil der Saga kommt in die Kinos und setzt den Schlusspunkt hinter diese lange und bemerkenswerte Reihe, die 1977 begann. Ein letztes Mal werden alle Register gezogen, alles, was über die Jahre zum Erfolg beigetragen hat, wird noch einmal in brillanter Optik aufgefahren: Weltraumschlachten, geheimnisvolle Planeten, finstere und skurrile Gestalten und natürlich die Riege der Helden, der neuen, aber auch der alten, soweit man sie irgendwie noch reaktivieren konnte. 
Die inzwischen leider verstorbene Carrie Fisher erhält einen würdigen Abgang, diesen hätte man allerdings auch ein paar anderen Figuren gegönnt, allen voran dem etwas schräg herüberkommenden Lando Calrissian, aber auch Luke Skywalkers Auftritt gehört nicht zu den Sternstunden des Kinos. 
Dennoch werden sich die Star-Wars-Adepten bestens aufgehoben fühlen, es gibt die wohlkalkulierte Mischung aus Action, Pathos, Gefühl und Humor, untermalt von der Musik des bekannten John-Williams-Themas in allen, der Stimmung angepassten Modulationen. 

Die ewigen Fragen zum Kampf Gut gegen Böse, die Macht der Freundschaft und des Zusammenhalts werden noch einmal in bewährter Weise heraufbeschworen und zum Schluss, wenn alles geschafft ist, was zu tun war und alle sich verdientermaßen und voller Erleichterung und Freude in die Arme fallen, bleibt bei den treuen Fans sicher kein Auge trocken.

Es hätte allerdings, dies sei hier angemerkt, ohne jemandem die Freude verderben zu wollen, gerade weil es der letzte Teil ist, einiges ein wenig origineller und nicht so furchtbar vorhersehbar sein dürfen. Manches, was sich als Drama andeutet, erhält eine nicht immer überzeugende Auflösung, C-3PO und (meine Lieblingsfigur) Chewbacca haben ihre bewegenden Momente, insgesamt aber fehlt die ganz große Überraschung, und trotz des wahrhaft dick aufgetragenen Pathos bleibt das Ganze seltsam blutleer, eigentlich schade, da hat sich Marvel mit seinem „Avengers: Endgame", der dieses Jahr ebenfalls eine Reihe zu Ende gebracht hat, im direkten Vergleich besser geschlagen. 




Regie: J.J. Abrams
Drehbuch: Chris Terrio, J.J. Abrams, b/a Story von Derek Conolly, Colin Trevorrow, Chris Terrio & J.J. Abrams, b/a den Charakteren von George Lucas
Kamera: Dan Mindel
Schnitt: Maryann Brandon
Musik: John Williams

Darsteller:
Daisy Ridley, Adam Driver, John Boyega, Oscar Isaac, Carrie Fisher, Ian McDiarmid, Lupita Nyong'o, Keri Russell, Kelly Marie Tran, Andy Serkis (Stimme), Billy Dee Williams, Mark Hamill, Joonas Suotamo, Dominic Monaghan, Anthony Daniels,

 Walt Disney Company
USA 2019
FSK 12
141 min.
Deutscher Kinostart: 18. Dezember 2019


Mittwoch, 11. Dezember 2019

Film-Rezensionen: Motherless Brooklyn


Lionel Essrog (Edward Norton) verdient seinen Lebensunterhalt als Detektiv in New York City in der Firma von Frank Minna (Bruce Willis), dem einzigen Menschen und Freund, der sich je um ihn gekümmert hat, denn Lionel hatte als Waisenkind mit Tourette-Syndrom kein einfaches Leben. In den Augen der meisten Menschen ist er ein Sonderling, seine Kollegen und vor allem Frank Minna schätzen ihn jedoch wegen seines bemerkenswerten Gedächtnisses und seiner scharfsinnigen Gedanken. Als Frank eines Tages in eine undurchsichtige Geschichte verwickelt wird, die ihn letztlich das Leben kostet, ist es Lionel, der Franks Ermittlungen weiterführt, unbeirrbar und unbestechlich lässt er sich dabei von den Mächtigen der Stadt weder abschütteln noch einschüchtern.

Der Film ist eine nostalgische Hommage an alte Detektiv-Geschichten, stellenweise erinnert er in seiner Inszenierung an den Polanski-Klassiker „Chinatown", was dort die politischen Schweinereien rund um die Wasserknappheit in Los Angeles waren, sind hier Immobilienspekulation und rücksichtslose Sanierungen von Stadtvierteln auf Kosten der ärmeren, vor allem schwarzen, Bevölkerung. Mit Lionel Essrog gibt es allerdings einen ungewöhnlichen Helden, den Edward Norton liebevoll porträtiert. Seine Tics sind gewöhnungsbedürftig, werden aber nie zu dominant, sondern charakterisieren diesen mutterlosen Verlierer aus Brooklyn, der sich als zäher Gegner eines Baulöwen namens Moses Randolph (Alec Baldwin) erweist.

Norton, gleichzeitig Hauptdarsteller, Regisseur und Co-Autor, nimmt sich für die Entwicklung der Geschichte und deren Details viel Zeit, dabei versetzt er die Romanvorlage von Jonathan Lethem aus den frühen 1970gern in die 1950ger, was tatsächlich besser zu Stimmung und Ton des Films passt. Untermalt von einem entsprechenden Soundtrack sehen wir einen Reigen von übellaunigen Gangstern, lakonischen Privatschnüfflern, alten Autos, einer schönen Frau in Schwierigkeiten und einem einsamen Detektiv, der Stück für Stück sein Puzzle zusammensetzt, bis am Ende ein Bild entsteht, das niemand sehen wollte, und hierbei sind Bezüge zu aktuellen politischen Figuren sicher nicht ganz unbeabsichtigt. 

“Oh, it is excellent to have a giant’s strength,
but it is tyrannous to use it like a giant.”
--William Shakespeare


 Regie: Edward Norton
Drehbuch: Jonathan Lethem b/a seinem Roman, Edward Norton
Kamera: Dick Pope
Schnitt: Joe Klotz
Musik: Daniel Pemberton

Darsteller:
Edward Norton, Gugu Mbatha-Raw, Alec Baldwin, Bobby Cannavale, Josh Pais, Ethan Suplee, Dallas Roberts, Willem Dafoe, Bruce Willis
 
Warner Bros.
USA 2019
FSK 12
144 min.
Deutscher Kinostart: 12. Dezember 2019




Film-Rezensionen: The Kindness of Strangers - Kleine Wunder unter Fremden (The Kindness of Strangers)


Auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann, einem Polizisten, kommt Clara (Zoe Kazan) aus dem ländlichen Buffalo  mit ihren beiden kleinen Söhnen ohne Geld und ohne Perspektive in das winterliche New York. Ihr Auto ist ihr einziger Zufluchtsort, und als dieses eines Tages abgeschleppt wird, scheinen die drei endgültig am Ende angekommen zu sein. Aber das Leben zeigt sich gnädig und bringt sie immer wieder mit Menschen zusammen, die ebenfalls nicht unbedingt auf der Sonnenseite stehen, für die aber Nächstenliebe noch Teil ihres Lebens ist. Da ist Alice (Andrea Riseborough), die Krankenschwester, die sich in ihrer spärlichen Freizeit um Obdachlose kümmert und eine Selbsthilfegruppe mit dem Motto „Vergebung" leitet, bei der Ex-Häftling Mark mit seinem Anwalt regelmäßig dabei sind, und der junge Jeff, der in allen seinen bisherigen Jobs versagt hat, aber immer noch unverdrossen auf der Suche nach seiner wahren Bestimmung ist. Sie alle treffen zusammen im russischen Restaurant  „Winter Palace", das ein gewisser Timofey (Bill Nighy) mehr schlecht als recht leitet, und irgendwie fügen sich die einzelnen Schicksale zu einer Gemeinschaft zusammen, in der auch Clara wieder Hoffnung für ihre und die Zukunft ihrer Kinder schöpfen kann.

Der Film der dänischen Regisseurin Lone Scherfig ist ein modernes und gleichzeitig wie aus der Zeit gefallenes Märchen über die Kälte der Großstadt, in deren winterlicher Szenerie die Gefühle buchstäblich erstarrt sind, bis sie durch Liebe, Hoffnung und Zuwendung wieder erwärmt werden. Teilweise etwas holprig in Szene gesetzt springt diese Wärme dennoch auf den Zuschauer über, wenn er es zulässt, und eine Selbsthilfegruppe, die sich zum Ziel gesetzt hat, sich selbst oder anderen zu vergeben, ist eine schöne Idee. Der Film ist immer eine Handbreit davon entfernt, in Sozialkitsch abzugleiten, dabei gibt es sie doch, immer dann, wenn man es am wenigsten erwartet, die Freundlichkeit fremder Menschen, ohne die das Leben längst zu einer zynischen Farce geworden wäre.



Regie: Lone Scherfig
Drehbuch: Lone Scherfig
Kamera: Sebastian Blenkov
Schnitt: Can McLauchlin
Musik: Andrew Lockington

Darsteller:
Zoe Kazan, Andrea Riseborough, Bill Nighy, Tahar Rahim, Caleb Landry Jones, Jay Baruchel
 
Alamode Film
112 min.
FSK 12 
Deutscher Kinostart: 12. Dezember 2019

Dienstag, 3. Dezember 2019

Film-Rezensionen: A Rainy Day in New York


Gatsby Welles (Timothée Chalamet), ein junger Mann aus wohlhabendem Elternhaus, verbringt mit seiner Freundin Ashleigh (Elle Fanning) ein Wochenende in New York, das ganz anders verläuft, als beide es geplant hatten. Es entwickelt sich ein Reigen unerwarteter Begegnungen und Erlebnisse, an dessen Ende beide erkennen, was für ihr weiteres Leben wichtig ist.

Woody Allen kehrt mit dieser romantischen
Komödie dorthin zurück, wo er zu Hause ist, und er schafft es wieder einmal, seine Stadt aus diesem nostalgischen Blickwinkel zu zeigen, wie nur er es kann. Er begleitet seine jungen Protagonisten auf ihren vergnüglichen Irrungen und Wirrungen im regnerischen New York, lässt sie aber nie im Regen stehen – anders als diese es mit ihm tun, hat sich doch sein gerade so angesagter Hauptdarsteller, der dandyhafte Chalamet, nach Drehschluss von ihm und diesem Film distanziert. 

Grund hierfür sind die aus dem Kreis seiner Familie erhobenen Vorwürfe, mit denen sich Allen seit Jahren bei jedem neuen Film konfrontiert sieht. Im Gegensatz zu anderen Hollywoodgrößen, denen seit der #MeToo-Debatte von verschiedenen Seiten sexuelle Verfehlungen nachgesagt werden, geht es bei Allen um einen einzigen Vorfall, der, sollte er sich tatsächlich zugetragen haben, schlimm genug wäre, aber genau hier liegt das Problem, denn es gab zwei Untersuchungen gegen ihn in dieser Sache, die beide ergebnislos eingestellt wurden. Außerdem wird er von einem anderen Familienmitglied vehement verteidigt, beides sollte eigentlich genügen, ihn als unschuldig gelten zu lassen, solange sein Schuld tatsächlich nicht bewiesen wurde. Dies scheint im aktuellen Klima jedoch nicht möglich zu sein, weswegen sein aktuelles Werk auf absehbare Zeit nicht in den USA gezeigt wird. Das ist unfair und auch bedauerlich, denn auch wenn der Film vielleicht kein Meisterwerk ist – Woody Allen selbst hat einmal gesagt, er habe nie Meisterwerke geschaffen, sondern nur gute Filme und schlechtere Filme – so ist „A Rainy Day in New York" eindeutig einer seiner besseren, etwas altmodisch vielleicht, aber auf angenehme Art vertraut, wie ein Heimkommen nach längerer Abwesenheit.

Regie: Woody Allen
Drehbuch: Woody Allen
Kamera: Vittorio Storaro
Schnitt: Alisa Lepselter
Darsteller:
Timothée Chalamet, Elle Fanning, Liev Schreiber, Selena Gomez, Jude Law, Rebecca Hall

   USA 2019
92 min.
Deutscher Kinostart: 05. Dezember 2019


Mittwoch, 27. November 2019

Film-Rezensionen: Die schönste Zeit unseres Lebens (La belle époque)


In der Beziehung von Victor (Daniel Auteuil) und Marianne (Fanny Ardant), einem in die Jahre gekommene Ehepaar, knirscht es an allen Ecken und Enden, vor allem, weil Victor sich in Mariannes Augen gegen alles Moderne sträubt, während sie stolz darauf ist, mit Handy, Navi und Computer zu hantieren, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Die Krise der beiden erreicht ihren Höhepunkt, als Marianne den in ihren Augen allzu launischen Gatten eines Tages vor die Tür setzt, so dass sich beider Sohn Maxime (Michaël Cohen) genötigt sieht, einzuschreiten. Mit Hilfe seines Freundes Antoine (Guillaume Canet) unternimmt er einen letzten Versuch, zu retten, was noch zu retten ist. Antoine betreibt die Firma „Time Travellers“, die mit raffinierter Technik und detailliert ausgearbeiteten Kulissen gut betuchten Kunden ermöglicht, eine Reise in die Vergangenheit zu unternehmen. Der Kunde nennt Jahr und Tag, alles wird exakt so hergerichtet, wie es damals war und die Illusion einer Zeitreise ist (fast) perfekt. Victor entscheidet sich für den Tag im Jahr 1974, an dem er seine Marianne kennen gelernt hat, und mit Hilfe der Schauspielerin Margot (Dora Tillier) in der Rolle seiner zukünftigen Frau erlebt er diese Zeit wieder neu, fraglich bleibt allerdings, ob es ihm hilft, wieder mit der echten Marianne zusammen zu kommen…

Der Film ist eine charmante Komödie mit Witz und Esprit, der die nostalgischen Gefühle seines Protagonisten herzerwärmend zum Leben erweckt. Ein besonderes Vergnügen ist es, ihn dabei zu beobachten, wie er die gespielten Szenen förmlich in sich aufsaugt und dabei immer neue Erinnerungen in ihm hochkommen, die er sogleich in die Handlung einfließen lässt, so dass Realität und Illusion immer mehr ineinander verschwimmen. Für diejenigen Zuschauer, die sich noch an jene wilde Zeit mit Haschparties und Hippies, zigarettengeschwängerten Lokalitäten, Schlaghosen und Neonlicht erinnern, ist der Nostalgietrip eine wunderbare Reise in die eigene Vergangenheit, während alle Nachgeborenen vor Augen geführt bekommen, was sie verpasst haben. Alles in allem: beste Unterhaltung mit ein paar ernsten Untertönen, dargeboten von einem großartigen Schauspielerensemble!


Regie: Nicolas Bedos
Drehbuch: Nicolas Bedos
Kamera: Nicolas Bolduc
Schnitt: Anny Danché, Stéphane Garnier, Florent Vassault
Musik: Nicolas Bedos, Anne-Sophie Versnaeyen

Darsteller:
Daniel Auteuil, Guillaume Canet, Doria Tillier, Fanny Ardant, Pierre Arditi, Denis Podalydès, Michaël Cohen
 
Constantin Film
FSK: 12
115 min.
Deutscher Kinostart: 28. November 2019
 

 

Film-Rezensionen: Anna (Home-Release)


Anna Poliatova (Sasha Luss) lebt in prekären Verhältnissen in Russland, bis sie eines Tages vom KGB rekrutiert wird. Nach harter Ausbildung arbeitet sie eine Zeit lang sehr erfolgreich als Killerin und ihre Morde erledigt sie rasch und effektiv. Doch eines Tages gerät sie ins Visier der CIA...


Luc Besson verbindet in seinem Film Elemente des reinen Action- mit solchen des Spionagethrillers, dabei lässt er die Handlung sich nicht chronologisch entfalten, sondern springt in der Zeitebene vor und zurück. Dies schafft einerseits durchaus eine gewisse Spannung, aber zuviel des Guten ist irgendwann nicht mehr bekömmlich, und wenn der Zuschauer sich am Ende wie bei der Echternacher Springprozession fühlt, war es vielleicht doch ein Sprung zuviel. Außerdem scheint der Regisseur selbst an einigen Stellen den Überblick verloren zu haben, wenn in seiner Geschichte, die eigentlich gegen Ende des Kalten Krieges angesiedelt ist, Autos und technisches Equipment aus der Gegenwart auftauchen.

Die Actionszenen sind präzise choreographiert, während die Agentengeschichte ein wenig farblos und unoriginell bleibt, so wie die Hauptdarstellerin Sasha Luss, der es am nötigen Charisma mangelt. Dies besitzt Helen Mirren zwar im Überfluss, dennoch fehlt es zwar nicht ihr, wohl aber ihrer Figur Olga an überzeugender Tiefe, obwohl sie aus der namhaften Riege der weiteren Darsteller Cillian Murphy und Luke Evans immer noch herausragt, denn die beiden Herren sind nicht mehr als Staffage für die Heldin Anna, die dieser Bürde aber, wie gesagt, nicht ganz gerecht wird. 

Unterhaltungswert hat der Film dennoch stellenweise, wenn man sich nicht allzu sehr daran stört, dass (wieder einmal… die unsägliche Schmonzette "Red Sparrow" lässt grüßen!) Russen untereinander Deutsch (bzw. in der Originalfassung: Englisch) mit russischem Akzent sprechen, denn bei einigen gekonnten Actionszenen kann man sich getrost zurücklehnen und – wenn man auf dieses Genre steht – einfach genießen, hier findet Besson zu alter Stärke zurück, auch wenn ihm ansonsten leider der frische Ansatz abhanden gekommen ist.





Regie: Luc Besson
Drehbuch: Luc Besson
Kamera: Thierry Arbogast
Schnitt: Julien Rey
Musik: Éric Serra

Darsteller:
Sasha Luss, Helen Mirren, Cillian Murphy, Luke Evans
 
Studiocanal
Frk. 2019
FSK 16
Homerelease: 28. November 2019 (digital ab 14.11.2019)
 
Details DVD:
Laufzeit: 114 min.
Bildformat: 2,40:1 (anamorph)
Sprache: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Ton: 5.1 Dolby Digital
Bonus: Making of Featurettes „Die Kostüme“/ „Der Restaurant-Kampf“/ „Die Produktion“/ „Die Verfolgungsjagd“ – diverse Trailer
EAN: 4006680093659

Details Blu-ray:
Laufzeit: 119 min.
Bildformat: HD 1080p/24 Full HD (2,40:1)
Sprache: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Ton: Dt. 7.1 DTS-HD MA; Engl. 5.1 DTS-HD (Master Audio)
Bonus: Making of Featurettes „Die Kostüme“/ „Der Restaurant-Kampf“/ „Die Produktion“/ „Die Verfolgungsjagd“ - diverse Trailer
EAN: 4006680093666

Details 4K UHD:
Laufzeit: 119 min.
Bildformat: 2160p Dolby Vision 2,35:1
Sprache: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Ton: Dt. 7.1 DTS-HD MA; Engl. 5.1 DTS-HD (Master Audio)
Bonus: Making of Featurettes „Die Kostüme“/ „Der Restaurant-Kampf“/ „Die Produktion“/ „Die Verfolgungsjagd“ - diverse Trailer
EAN: 4006680094502


Mittwoch, 6. November 2019

Film-Rezensionen: Last Christmas


Kate (Emilia Clarke) ist liebenswert, aber ungeschickt, sie kommt mit ihrem Leben nicht wirklich klar und scheint das Chaos förmlich anzuziehen. In einem kleinen Weihnachtsladen verkauft sie als Elf verkleidet unter den strengen Augen ihrer Chefin Santa (Michelle Yeoh) scheußliche Weinachtsutensilien aller Art. Im Moment ist sie wieder einmal auf der Suche nach einer Bleibe, zu ihren Eltern möchte sie auf keinen Fall zurück und bei fast allen ihren Freunden hat sie es sich durch ein Missgeschick verdorben. Auch ihre berufliche Karriere als Sängerin geht nicht recht voran, bei diversen Castings kann sie nicht wirklich überzeugen. Als eines Tages der geheimnisvolle Tom (Henry Golding) in ihr Leben tritt, fühlt sie sich sofort mit ihm verbunden, endlich scheint es jemanden zu geben, der sie so nimmt, wie sie ist, aber er hat ein Geheimnis, das ihre Beziehung bedrohen könnte…

Regisseur Paul Feig hat bisher einige Komödien wie „Brautalarm" oder "Taffe Mädels" mit
eher robustem Humor abgeliefert. Nun wagt er sich an eine romantische Weihnachtskomödie, die im vorweihnachtlichen London angesiedelt ist. Die Latte für einen guten Weihnachtsfilm liegt mit einem Film wie „Tatsächlich…Liebe" („Love Actually“) von 2003 enorm hoch, vielleicht ein wenig zu hoch für Feig, aber „Last Christmas“ hat auf jeden Fall Potenzial. Stimmungsvoll die Szenerie, sympathisch die Darsteller, witzige Dialoge und Situationskomik, dazu eine ernste Vorgeschichte, die dem Vordergründig-Lockeren eine unerwartete Tiefe gibt und für sentimentale und traurige Momente sorgt.
Das Drehbuch wurde von der britischen Schauspielerin Emma Thompson mitverfasst, sie und Feig haben es geschafft, die verschiedenen Elemente zu einem stimmigen Ganzen zu verschmelzen und sogar noch ein paar kurze sozialkritische Anmerkungen zum Thema Brexit und Obdachlosigkeit unterzubringen. Titelgebend für den Film war das von den einen geliebte und von anderen leidenschaftlich gehasste Lied „Last Christmas" des verstorbenen George Michael, dessen bekannte Zeilen nach dem Film eine völlig neue Bedeutung erhalten. Der Soundtrack ist gespickt mit weiteren Songs der Gruppe Wham!, wer sich hiervon und von einer Überdosis Weihnachtsflair nicht abgeschreckt fühlt, dem bietet der Film nette und größtenteils fröhliche Unterhaltung sowie den Rat, die Dinge manchmal einfach geschehen zu lassen und seinem Herzen zu folgen – You gotta have faith!

Kitsch? Ja, natürlich, aber es ist schließlich Weihnachten...



Regie: Paul Feig
Drehbuch: Emma Thompson, Bryony Kimmings, Greg Wise
Kamera: John Schwartzman
Schnitt: Brent White
Musik: Theodore Shapiro, Soundtrack: George Michael + Wham!

Darsteller:
Emilia Clarke, Henry Golding, Michelle Yeoh, Emma Thompson, Lydia Leonard, Ritu Arya, Calvin Demba

Universal Pictures International Germany
FSK 0
102 min.
Deutscher Kinostart: 14. November 2019


Film-Rezensionen: Le Mans 66 - Gegen jede Chance (Ford v Ferrari)


Anfang der 1960ger Jahre befindet sich die Ford Motor Company in einer schweren Krise. Um das Unternehmen wieder in Schwung zu bringen und das Image aufzupolieren entsteht die Idee, wieder mit eigenen Autos in die Rennserie der populären Langstreckenrennen einzusteigen. Der Plan, hierfür den ebenfalls in Schwierigkeiten steckenden Autobauer Ferrari aufzukaufen, scheitert, und so beschließt man, ein eigenes Auto zu bauen. Der ehemalige Rennfahrer und Autodesigner Carroll Shelby (Matt Damon) erhält den Auftrag, ein geeignetes Fahrzeug zu entwickeln, da er selber keine Rennen mehr fahren kann, verpflichtet er den versierten aber als schwierig verschrienen Briten Ken Miles (Christian Bale), der auch als Mechaniker ein großes Talent ist. Zusammen wollen sie das Unmögliche wahr machen, die Europäer und vor allem den nun zum Erzrivalen aufgestiegenen Konkurrenten Ferrari bei dem spektakulären 24-Stunden-Rennen von Le Mans zu schlagen.

Der Film ist eine nostalgische Hommage an vergangene Tage des Autorennsports, entsprechend konventionell und ein wenig altmodisch ist er auch in Szene gesetzt. Es geht um Männerfreundschaft, und zwar um die Art, die gerne aus einer handfesten Prügelei hervorgeht, und um die rührenden Bande zu Frau und Kind, die auch der härteste Rennfahrer zu seiner Erdung braucht. 

Es gibt Feindschaften und Intrigen, die Italiener sind falsch und arrogant und bekommen hierfür die Quittung, vor allem aber geht es um schnelle Autos, die das Herz jedes Rennfans höher schlagen lassen, und natürlich die Botschaft, dass alles, was man sich vornimmt und wofür man hart arbeitet auch möglich wird. In diesem Fall hat es auch funktioniert, Ford hat mit seinem GT40 das Rennen in Le Mans zwischen 1966 und 1969 vier Mal in Folge gewinnen können.

Dies ist dann auch die Stärke des Films, der den Zuschauer ganz nah an die fauchenden und schnaubenden Rennwagen heranlässt, ihn sogar mit ins Cockpit nimmt, während die Asphalt-Cowboys ihre furios in Szene gesetzten Runden drehen, vor allem in dem finalen Rennen von Le Mans mit dem bitter-süßen Ende für Ken Miles, den hemdsärmeligen Underdog, von Christian Bale mit seiner immer eine Spur zu übertriebenen Mimik und Gestik dargestellt. Für Nostalgiker des Rennsports ein interessanter Blick zurück in eine vergangene Epoche, die vielleicht aufregender war, als die computeroptimierten Mensch-Maschinen der heutigen Zeit, der Preis dafür war allerdings im Hinblick auf die erhebliche Todesrate unter den Fahrern auch ein hoher.


 Regie: James Mangold
Drehbuch: Jez Butterworth, John-Henry Butterworth, Jason Keller
Kamera: Phedon Papamichael
Schnitt: Andrew Buckland, Michael McCusker, Dirk Westervelt
Musik: Marco Beltrami, Buck Sanders

Darsteller:
Christian Bale, Matt Damon, Caitriona Balfe, John Bernthal, Noah Jupe, Tracy Letts, JJ Feild,
 
20th Century Fox
FSK 12
152 min.
Deutscher Kinostart: 14. November 2019